Kapitel 27

 

Manuel Pov

 

Nachdem Jürgen mich mit einer kurzen Umarmung begrüßt hatte, setzte er sich auch gleich neben mich.

Kevin kam auch kurze Zeit später zu uns und setzte sich uns gegenüber.

Er fing an zu erzählen und ich bekam immer mehr ein schlechtes Gewissen.

Ich hatte ihn verlassen und ihn hängen lassen, wo er mich am meisten brauchte.

Nur kam ich damals mit der Situation selber auch nicht klar.

Mir war damals schon bewusst, dass es sicher nicht die beste Lösung war.

Das ich sicher auch anders hätte handeln können, aber ich wusste einfach nicht wie.

Immer wieder hatte ich versucht alles zu machen, was in meiner Macht steht.

Aber ich hatte keine Ahnung wie ich ihm helfen konnte.

Hatte ich doch auch keine Ahnung, was ihn so bedrückte.

Aber Kevin hatte ja auch nie mit mir geredet.

Ich wusste auch nicht, wieso er nicht mit mir geredet hatte.

Ein Fehler von mir war dann wohl ebenfalls, dass ich nicht nachgefragt habe.

Ich dachte einfach, dass er von sich aus kommen würde und mir sagen würde, was ihn bedrückte.

Aber das tat er nicht und dann war die ganze Situation ziemlich gegen die Wand gefahren.

Wir fanden keine Lösung, wie wir das machen konnten und dann blieb auch nur noch eine Lösung: eine Trennung.

Das haben wir auch durchgezogen, aber heute könnte ich mir damit in den Arsch treten.

Ich hätte ihn einfach nicht alleine lassen sollen.

Und heute bereute ich meinen Fehler.

 

 

Jedes mal, wenn ich Kevin sah und sah, was mit ihm passiert ist nach unserer Trennung, würde ich mich am liebsten selber ohrfeigen.

Ich hätte das nie tun dürfen.

Aber ich hatte es getan und damit musste ich nun klar kommen.
In vielen Situationen hatte ich mich gefragt, ob ich nicht vielleicht falsch reagiert hatte.

Und heute und jetzt wusste ich, dass ich mal besser nicht gewechselt wäre.

Aber das konnte ich damals nicht wissen und da Kevin nicht mit mir geredet hatte, hielt ich es auch einfach für die beste Lösung.

Konnte ich doch nicht ahnen, dass es so schlimm war.

Hatte ich aber doch auch einfach nicht damit gerechnet, dass es so schlimm ist.

Wie konnte ich es denn auch ahnen?

Kevin hatte sich immer mehr zurück gezogen und ich kam nicht mehr an ihn ran.

Er hatte sich immer mehr und mehr verschlossen, bis ich irgendwann gar nicht mehr an ihn ran kam und dabei liebte ich ihn mehr als alles andere und wollte ihn doch auch nie wirklich verlassen.

In der Zeit, in der ich in meine Gedanken vertieft war, hatte Kevin sich auf den Weg nach draußen auf die Terrasse verzogen und kam mit der Kiste, die wir beide schon kannten wieder rein.

Ich hatte keine Ahnung, was er uns damit sagen oder zeigen wollte, aber ich wusste, dass es mit der Kiste zu tun haben musste.

Und vor allem, dass es mit Lenny zu tun hatte.

Nicht umsonst hob er die Zeitungsartikel und die Bilder auf.

 

 

Nachdem Kevin mit der Kiste wieder kam, öffnete er sie und breitete die Bilder und Zeitungsartikel vor uns aus.

Einiges davon kannte ich schon und dennoch sah ich mir alles nochmal genau an.

Wusste ich nicht sicher, ob ich nicht vielleicht doch irgendwo etwas übersehen hatte.

Denn ich wusste, dass ich das getan haben musste, sonst hätte ich das Rätsel um Lenny und Kevin wohl schon lange gelöst.

Doch so sehr ich auch suchte und hinsah, ich konnte nichts auffälliges entdecken.

Mir war klar, dass Lenny und ich Kevin wichtig waren.

Er liebte uns beide auf unterschiedliche Art und Weise.

Hin und wieder warf ich Jürgen einen Blick zu.

Wollte wissen, ob er etwas in den Bildern oder den Artikeln gesehen hatte, was ich übersehen hatte.

Aber auch er schien ratlos über den Blättern zu sitzen.

Das Kevin Mühe hatte, uns das alles zu zeigen konnte man mehr als deutlich spüren.

Immer wieder sah er verstohlen zu uns rüber, als ob er sich vergewissern wollte, dass wir noch da waren.

Aber weder Jürgen noch ich, machten Anstalten zu gehen.

Wollten wir doch beide nicht gehen, sondern einfach die Wahrheit wissen und endlich erfahren, was es mit Lenny auf sich hatte.

Eine ganze Weile hatten wir einfach so da gesessen und uns die Bilder angesehen.

Keiner von uns sagte etwas.

Aber die Luft war zum schneiden angespannt.

Und ich konnte deutlich spüren, wie ich immer mehr anspannte.

 

 

Niemand regte sich nur einen Zentimeter und in dem Moment hätte man eine Stecknadel fallen hören können.

Teilweise hatte ich sogar Angst zu atmen, weil es schien, dass es endlos laut wäre.

Ich hielt eine Weile die Luft an, darauf bedacht, bloß nicht zu laut zu sein.

Wusste auch nicht wirklich, was ich tun sollte.

Ich spürte, wie jeder einzelne Muskel in meinem Körper angespannt war.

Hatte nicht wirklich eine Ahnung, wie ich damit umgehen sollte.

Gerne hätte ich etwas gesagt, aber mir fehlten die Worte.

Schreien wäre auch eine Option gewesen, aber es verließ keinen Laut meine Kehle.

Dann kramte Kevin ein Blatt Papier aus der Kiste und legte es vor uns auf den Tisch.

Bevor ich fähig war es zu nehmen oder den Inhalt zu lesen hatte Jürgen das
Dokument auch schon in seine Hand genommen und den Inhalt gelesen.

Mehr als schockiert starrte er das Blatt an und konnte scheinbar nicht glauben, was er da las.

Es dauerte lange, bis ich meine Arme dazu gebracht hatte, sich zu dem Dokument zu bewegen.

Vorsichtig nahm ich das Blatt aus seinen Händen und las mir ebenfalls die Zeilen darauf durch.

Nun wusste ich, was Jürgen so schockiert hatte.

Denn das, was darauf stand, schockierte mich auch mehr als alles andere.

Auf diese Idee wäre ich nie gekommen.

Niemals wäre ich auf diese Idee gekommen.

An alles hatte ich gedacht, aber an das nicht mal im Traum.

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