Entführt?!

 

Ich konnte mich nun wirklich nicht beschweren, über mein Leben.

Alles was ich brauchte hatte ich.

Ein Haus, einen wundervollen Mann an meiner Seite und dieser akzeptierte sogar, dass ich einen Sohn hatte.

Sicher war das für Manuel und mich nicht immer leicht, durch die berufliche Feindschaft, aber über die Jahre hatten wir sogar das in den Griff bekommen und wenn nicht gerade ein Derby bevor stand, wo wir gegeneinander spielen mussten, war unsere Beziehung wirklich harmonisch.

Auch Lenny hatte sich über die Zeit daran gewöhnt zwei Väter zu haben, statt wie andere Kinder Mutter und Vater.

Wobei Manuel in vielen Dingen als Mutter durchgehen könnte.

Aber im großen und ganzen war er wirklich ein toller Vater und ein toller Mann.

Obwohl es hin und wieder Streit gab, wollte ich die beiden wirklich nicht mehr vermissen.

Mit einem Grinsen blickte ich zu Manuel rüber, der immer noch friedlich schlafend neben mir lag.

Leider musste ich das Bild bald zerstören, denn ich hatte Lenny schon zur Schule gebracht und wir mussten gleich zum Training.

Sanft legte ich eine Hand auf seine Seite und streichelte darüber.

Manu grummelte etwas, drehte sich rum und schlief doch glatt weiter.

Gespielt empört blickte ich ihn an und kuschelte mich von hinten an ihn.

Erneut grummelte Manuel etwas, was mich grinsen ließ.

Sanft streichelte ich über seinen Bauch und seine Brust und hoffte einfach, dass es reichen würde, ihn so zu wecken.

 

 

Tatsächlich drehte Manuel sich in meinen Armen rum und legte seine Lippen auf meine.

Überrascht spielte ich mit meiner Zunge an seinen Lippen und Manuel gewährte mir auch gleich Einlass und unsere Zungen fochten einen sanften Kampf aus, den wir nur schwer lösen konnten.

,,Wunderschönen guten Morgen, mein Schatz.“, begrüßte Manuel mich auch gleich und ich lächelte.

,,Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, mein Schatz.“

Nun war es an mir zu lächeln.

,,Wieso hast du mich denn geweckt?“

Verschlafen rieb sich Manuel die Augen und blickte mich fragend an.

,,Weil wir gleich zum Training müssen. Ich habe Lenny schon zur Schule gebracht, jetzt müssen wir gleich ran.“

Gleich stand ich auch schon auf, um meine Worte zu bestärken und suchte meine Trainingsklamotten zusammen.

Da Manuel seine auch noch nicht gepackt hatte, erledigte ich das auch gleich mit und stellte diese in den Flur.

,,Wenn du jetzt aufstehst, dann kannst du noch frühstücken.“

Manuel rieb sich erneut verschlafen die Augen und stand dann auch gleich auf.

Schnell hatte er sich seine Sachen zusammen gesucht und war im Bad verschwunden.

Ich sah ihm lächelnd hinterher und ging dann auch gleich zum Frühstückstisch nach unten in die Küche.

Manuel kam kurze Zeit später auch schon runter und setzte sich auch an den Tisch.

Sofort stand ich auch schon auf und stellte Manuel eine Tasse Kaffee hin.

,,Danke.“

 

 

,,Nichts zu danken.“, lächelte ich ihn auch gleich an und setzte mich ebenfalls an den Tisch und wir frühstückten gemeinsam.

Anschließend machten wir wir uns gemeinsam auf den Weg zum Training.

Manuel auf Schalke und ich zum BVB.

Das Training verlief ohne weitere Probleme und so war ich auch schnell wieder zu Hause.

Da wir wegen Lenny und meinem Haus in Dortmund wohnen geblieben waren, hatte ich es nicht so weit und war deswegen wieder vor Manuel zu Hause.

Dort angekommen blickte ich auch gleich auf Lenny´s Stundenplan und sah, dass der wohl auch bald von der Schule nach Hause kam, also beschloss ich schon mal zu kochen.

Ich hatte gerade alles vorbereitet, als ich auch schon die Haustüre hörte.

Kurze Zeit später kam Manuel in die Küche und hauchte mir einen Kuss in den Nacken.

,,Schön, dass du wieder da bist. Wie war dein Training?“

,,Anstrengend, aber keine Besonderheiten und bei dir?“

,,Auch nicht wirklich. Ich habe angefangen zu kochen. Wenn Lenny gleich kommt, können wir auch essen.“

Manuel nickte und begann auch gleich den Tisch zu decken, wobei ich ihm half.

Eine ganze Weile hatten wir gewartet, aber Lenny kam einfach nicht nach Hause.

 

 

,,Sollte Lenny nicht eigentlich schon da sein?“, fragte Manuel nach einer Weile.

,,Eigentlich schon. Ich habe auch keine Ahnung wo der noch ist.“

,,Hast du dich vielleicht auf dem Stundenplan verguckt?“

Fast schon böse blickte ich Manuel an.

Konnte ich mich doch so sehr gar nicht vertan haben.

Zur Sicherheit stand ich nochmal auf und sah auf den Stundenplan von Lenny.

,,Nein, schau hier. Laut Stundenplan hat Lenny heute bis 13 Uhr Schule. Das ist doch schon lange vorbei. Er wäre dann um 13. 30 Uhr hier. Schatz, jetzt ist es 14.15 Uhr.“

Manuel nickte wissend und scheinbar verstehend.

,,Vielleicht solltest du mal in der Schule anrufen?!“, überlegte Manu laut.

,,Das wäre noch eine Möglichkeit. Dann tue ich das auch gleich mal.“

Mit schnellen Schritten ging ich auch gleich in den Flur und schnappte mir dort das Telefon.

Glücklicherweise hatte ich die Nummer der Schule gespeichert und rief diese auch gleich an.

Das Gespräch dauerte nicht lange, aber immerhin wusste ich jetzt, dass Lenny tatsächlich schon um 13 Uhr die Schule aus hatte.

Also musste er wohl noch bei Freunden sein, oder auf dem Weg, aber Lenny wusste, dass er direkt nach der Schule nach Hause kommen sollte und wenn er den Bus verpasst hätte, wäre er dennoch mittlerweile da.

Mit hängendem Kopf und vollkommen ratlos ging ich zurück zu Manuel.

,,Was hast du raus gefunden?“

,,Lenny hatte um 13 Uhr Schluss, also muss er doch mittlerweile zu Hause sein. Ich meine selbst wenn er den Bus verpasst hätte, wäre er mittlerweile hier.“

Manuel nickte erneut und schien zu überlegen was wir jetzt tun könnten.

Aber auch ich überlegte fieberhaft und je länger es dauerte, desto nervöser, ungehaltener und ängstlicher wurde ich.

 

 

Er musste doch irgendwo sein.

,,Ich will den Teufel ja nicht an die Wand malen Schatz, aber vielleicht wurde Lenny ja entführt?!“

Ich sah Manuel mit weit aufgerissenen Augen an und bekam den Mund nicht mehr zu.

Das konnte doch wohl wirklich nicht wahr sein!

Konnte Lenny wirklich entführt worden sein?

All das würde einer Katastrophe gleich kommen, wenn er wirklich entführt worden wäre.

Sofort sprang ich auf und lief in den Flur.

Manuel folgte mir und sah mich fragend an.

,,Wir sollten zur Polizei gehen! Ich meine wenn er wirklich entführt wurde, dann müssen wir das melden und dann müssen die sich drum kümmern! Ich meine es geht immer noch um unseren Sohn!“, sagte ich aufgebracht und Manuel nickte auch gleich.

,,Lass uns fahren, ich begleite dich natürlich.“

Gemeinsam machten wir uns auf den auf den Weg und raus zum Auto.

,,Ich bin mir nicht sicher, Manu aber ich habe kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache. Vielleicht wissen die Bullen mehr.“

,,Die Frage ist, ob die überhaupt etwas tun.“

,,Jetzt mal nicht gleich den Teufel an die Wand. Ich denke doch schon, dass wir das hinbekommen. Irgendwas müssen die doch tun. Immerhin wurde mein Sohn offensichtlich entführt.“

 

 

,,Es sieht im Moment wirklich danach aus, aber dafür wollen die mit Sicherheit auch einen Nachweis und diesen haben wir leider nicht.“

,,Aber das liegt doch auf der Hand. Lenny ist nicht mehr in der Schule und dann kann er doch nur entführt worden sein, oder?“

,,Ich sehe das genauso. Aber jetzt sehen wir erst mal, was die sagen.“

Ich nickte, denn mehr konnten wir wohl auch erst mal nichts tun.

Mit einem Seufzen fuhr ich auch gleich zum Revier und hoffte einfach, dass die uns helfen konnten und würden.

Die Fahrt dauerte glücklicherweise auch nicht lange und ich parkte auch gleich auf dem Parkplatz des Reviers.

So schnell ich konnte stieg ich auch gleich aus dem Auto und schnappte mir Manuel und zog den auch gleich mit mir rein.

Der Keeper stolperte mehr hinter mir her, als das er ging, aber ich brauchte nun einfach ein Gespräch und Hilfe.

Gleich ging ich rein und wurde auch gleich erkannt, was in Dortmund wohl auch kein Wunder war.

,,Schön guten Tag, Herr Großkreutz. Wie kann ich Ihnen weiter helfen?“, fragte der erste Bulle auch gleich, der uns über die Füße lief.

,,Mein Sohn wurde entführt!“, platze es auch gleich aus mir raus.

,,Kommen Sie doch bitte erst mal mit in mein Büro, dort können wir dann alles weitere besprechen.“

Ich nickte und gemeinsam machten wir uns auch gleich auf den Weg in das Büro des Bullen.

,,Setzten Sie sich doch bitte.“, bot er auch gleich an und ich kam wortlos seinem Angebot nach.

 

 

,,Wann haben Sie Ihren Sohn denn zuletzt gesehen?“

,,Heute morgen. Ich habe ihn noch noch zur Schule gebracht und von dort kam er nicht mehr zurück.“

,,Besteht vielleicht die Möglichkeit, dass er länger Schule hatte, Herr Großkreutz?“

,,Das habe ich auch überlegt. Ich habe auch die Schule schon kontaktiert, aber diese sagten mir, dass er bereits um 13 Uhr Schluss hatte. Nach Hause gekommen ist er aber nicht und wenn er den Bus verpasst hätte, wäre er auch schon lange zu Hause, was nicht der Fall war.“

,,Möglicherweise ist Ihr Sohn aber doch noch zu Freunden oder ähnliches. Wie alt ist Ihr Sohn denn?“

,,Das glaube ich nicht. Das hätte Lenny uns mitgeteilt. Er ist sehr zuverlässig. Das passt so alles nicht ins Bild und deswegen glaube ich schon, dass er entführt wurde und dann müssen Sie doch auch etwas tun!“

,,Das können wir leider nicht, denn wir gehen nicht von einer Entführung aus. Eigentlich ist das eher ein Zeichen, dass er vielleicht bei Freunden ist, oder vielleicht bei einem Mädchen, je nachdem wie alt er ist.“

,,Er ist sieben. Ich glaube nicht, dass er schon eine Freundin hat. Ich möchte Sie bitten da jetzt etwas zu tun!“

,,Da kann ich nichts tun, Herr Großkreutz.“

Fassungslos blickte ich den Bullen an und konnte nicht glauben, dass er das sagte.

 

 

,,Wenn mein Sohn wirklich entführt wurde und sich jetzt in den Händen irgendeines Pädophilen befindet, schwöre ich Ihnen, dass ich persönlich dafür sorgen, dass Sie nicht mehr länger als Polizist arbeiten! Von wegen dein Freund und Helfer! Eher dein Feind und faul! Es ist mehr als unverschämt, dass Sie überhaupt noch arbeiten dürfen! Sie hören von mir!“

Während dieser Worte war ich aufgesprungen und hatte die Hände zu Fäusten geballt.

War es doch wirklich unmöglich, wie er sich hier verhielt und das er mir offensichtlich in keinster Weise helfen wollte.

Mit einem verächtlichen Schnaufen und einem abschätzigen Blick ging ich auch gleich nach draußen, ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren.

Manuel folgte mir und gemeinsam machten wir uns wieder auf den Weg zum Auto.

,,Vielleicht sollten wir tatsächlich mal die Freunde abklappern, wenn er wirklich da ist, dann finden wir ihn.“, schlug Manuel vorsichtig vor.

Ich nickte und fand die Idee wirklich mehr als toll.

Vielleicht hatten wir da ja wirklich Glück.

,,Ich meine ja auch nur, wenn die Bullen schon nichts tun, dann müssen wir uns eben drum kümmern.“

,,Ja, du hast ja Recht. Ich würde sagen wir fahren dann jetzt nach Hause. Dort habe ich eine Liste mit den Adressen der Kinder aus seiner Klasse. Ich kenne die Freunde doch. Dann klappern wir die ab.“

,,Wenn du Telefonnummern hast, kannst du sie doch auch anrufen, oder?“

Kurz dachte ich darüber nach, entschied mich dann aber dafür.

So würde es wohl schneller gehen, als hin und her fahren.

,,Ja, du hast Recht. Das geht schneller. Dann machen wir das so.“, stimmte ich zu und fuhr auch gleich nach Hause.

Kaum waren wir dort angekommen, stürmte ich auch gleich rein und schnappte mir die Liste von der Pinnwand und das Telefon aus dem Flur.

 

 

Damit ging ich auch gleich in die Küche und begann auch gleich die erste Nummer zu wählen.

Nach genau einer Stunde und 30 Minuten hatte ich die ganzen Nummern durch.

Sogar die Kinder mit Lenny nicht viel ist gar nichts zu tun hatte, rief ich an, mit einem Ergebnis: Keiner der Eltern hatte Lenny bei sich.

Je öfter ich das hörte, desto verzweifelter wurde ich.

Meine Finger zitterten und mein Körper war angespannt, dass es schon weh tat.

Manuel hatte sich mir gegenüber gesetzt und sah mich mitleidig an.

Nach der letzten Nummer und auch gleichzeitig dem letzten nein, ließ ich das Telefon sinken und legte es auf den Tisch.

Ich sah Manuel wie einen geschlagenen Hund an und der schien auch gleich zu verstehen.

Kurz dachte ich darüber nach, was wir jetzt machen konnten, als mir die rettende Idee kam.

,,Ich komme gleich wieder. Bleib du hier, falls Lenny her kommt.“

Schnell drückte ich Manuel noch einen Kuss auf den Kopf und eilte zu meinem Auto, wo ich auch gleich rein sprang.

Sofort zündete ich den Motor an und machte mich auf den mir zu gut bekannten Weg zum Trainingsgelände des BVB.

Es war doch ein offenes Geheimnis, dass Lenny BVB Fan war und vielleicht würde ich ihn ja da finden.

Doch bevor ich zu dem Trainingsgelände fuhr, machte ich noch schnell einen Abstecher zum Westfalenstadion.

 

 

Dort parkte ich auch gleich auf dem für Spieler vorgesehenen Parkplatz und eilte rein.

Mein erster Weg führte mich auch gleich in die Südkurve, denn auch ich war dort immer hingegangen, wenn ich Streit mit meinen Eltern hatte, was in gewissem Alter öfter vorkam.

Ich lief durch eine Menge Gänge und war wirklich mehr als froh, dass ich mich so gut auskannte.

Doch auch in der Süd oder in den Gängen konnte ich Lenny nicht entdecken.

Mit einem Seufzen ging ich wieder zu meinem Auto und würde es dann eben auf dem Trainingsplatz versuchen.

Vielleicht würde ich ihn dort finden, denn ich wusste, dass er sich gut mit einigen Borussen verstand und da wäre es doch auch möglich, dass er sich mit einem der Jungs getroffen hatte, oder vielleicht auch mit dem Trainer.

Sofort machte ich mich auf den Weg dorthin und schickte Stoßgebete gen Himmel, dass ich ihn dort finden würde.

Das Tor wurde schnell geöffnet, denn ich wurde natürlich gleich erkannt.

Ich parkte meinen Wagen auf dem Parkplatz und stieg auch gleich aus.

Suchend blickte ich mich um und hoffte Lenny entdecken zu können, hatte aber leider kein Glück.

Fast schon panisch rannte ich zum Platz und sah mich dort um.

Ich zuckte heftig zusammen, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte.

Sofort wirbelte ich rum und blickte geradewegs in die Augen meines Trainers.

,,Suchst du etwas bestimmtes?, fragte er mit einem sanften Lächeln.

,,Ja, meinen Sohn.“

,,Lenny? Den habe ich schon länger nicht mehr gesehen Wieso suchst du den denn?“

 

 

,,Ich glaube er ist entführt worden. Er ist nach der Schule nicht nach Hause gekommen. Manu und ich waren schon bei den Bullen, aber die können beziehungsweise wollen wohl scheinbar nicht, denn die sind der Meinung Lenny sei bei einem Freund oder einem Mädchen.“

,,Das wäre aber doch auch möglich, oder?“

,,Eigentlich nicht. Lenny ist sehr zuverlässig. Er kommt immer direkt nach Hause und daher glaube ich nicht, dass er einfach so weg ist.“

,,Nein, da hast du schon Recht, so kenne ich Lenny ja auch. Hast du denn die Freunde von Lenny schon angerufen?“

,,Ja, die habe ich schon angerufen, bevor ich hier her gekommen bin. Ich war auch schon im Stadion. Aber da habe ich ihn auch nicht gefunden. Jürgen, ich weiß wirklich nicht mehr, was ich noch machen soll.“

Ich spürte Tränen in meinen Augen brennen und blinzelte diese wieder weg.

Wollte ich doch nicht anfangen zu heulen, wenn Jürgen dabei war.

,,Ich verstehe das, Kevin. Aber du solltest dir da keine Sorgen machen. Vielleicht ist es ja wirklich alles ganz harmlos und er kommt wieder zurück. Jungs in dem Alter tun so was doch schon mal.“

,,Aber so was macht Lenny nicht. Das hat er auch noch nie. Ich habe da ein mehr als beschissenes Gefühl bei.“

,,Ich verstehe das Kevin, aber wenn du schon alles versucht hast, dann solltest du vielleicht einfach abwarten, was sich ergibt.“

Jürgen legte einen Arm um mich und schob mich auch gleich Richtung Parkplatz.

 

 

,,Das ist alles nicht so einfach. Ich muss irgendwie doch etwas machen. Ich meine ich fühle mich so hilflos und habe das Bedürfnis etwas zu tun.“

,,Verstehe ich natürlich. Einfach ist es sicher nicht, aber du solltest dir keine all zu großen Sorgen machen, sondern zu Manu fahren. Vielleicht hat der ja etwas Neues, oder ihr findet gemeinsam einen Weg.“, schlug Jürgen vor und ich nickte.

Eigentlich hatte Jürgen ja recht, aber es war eben alles einfacher gesagt als getan.

Immerhin ging es hier ja auch nicht um einen Gegenstand, sondern um meinen Sohn.

,,Ich halte die Augen noch zusätzlich auf und wenn du etwas Neues hast, dann melde dich bitte.“

,,Mache ich und du hilfst uns wirklich und hältst die Augen auf?“, fragte ich hoffnungsvoll.

Jürgen nickte lächelnd und schob mich zu meinem Auto.

Sicher meinte er es nur gut, aber es wirkte schon so, als wolle er mir los werden.

Ich wusste aber auch, dass er Recht hatte und vielleicht sollte ich es ja tatsächlich nochmal nach Hause fahren.

Wie Jürgen es scheinbar wollte stieg ich in meinen Wagen und spürte die Anspannung erneut deutlich in meinen Knochen.

Völlig verzweifelt legte ich den Kopf auf das Lenkrad und spürte deutlich erneut an diesem Tag die Tränen in meinen Augen brennen.

Ich machte mir aber gar nicht erst die Mühe die aufzuhalten, oder ähnliches.

Warum auch?

Hier würde sie sowieso keiner sehen, was auch verdammt gut war.

Tränen bahnten sich unaufhaltsam ihren Weg über meine Wangen, tropften auf das lederne Lenkrad und bildeten dort dünne, nasse Rinnsale.

 

 

Als ein Schluchzen meine Kehle entfuhr, schreckte ich zusammen.

Ich hatte das Gefühl, es halte in tausendfacher Lautstärke wieder.

Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich weinte.

Wirklich daran erinnern, wann ich das letzte Mal so geweint hatte, konnte ich nicht.

Bei Lenny´s Geburt hatte ich geweint, aber vor Freude.

Aus Trauer oder Schmerz hatte ich noch nie so sehr weinen müssen.

Verzweifelt wischte ich die Tränen weg, auch wenn immer wieder neue kamen, so brachte mich das nicht weiter.

Ich spürte Wut in mir aufkeimen, denn es konnte doch nicht richtig sein, das ich hier saß und heulte, während mein Sohn offensichtlich entführt wurde.

Mit einer Faust, die sich durch die wachsenden Aggressionen gebildet hatten, schlug ich gegen das Lenkrad und fluchte auch gleich laut, als ich den Schmerz durch meinen Körper zucken spürte.

All das würde mich doch würde mich doch in keinster Weise weiterbringen.

Erneut versuchte ich die Tränen zu trocknen und diesmal gelang es mir auch.

Ich atmete tief durch und versuchte zumindest Ansatzweise wieder klar zu denken.

Erst als mir das gelungen war, startete ich den Motor und fuhr mit hängenden Schultern nach Hause.

Vielleicht hatte Manuel etwas raus gefunden, was ich aber auch zu bezweifeln wagte, da er sich sonst wohl sicher gemeldet hätte.

Seufzend parkte ich meinen Wagen in der Einfahrt und ging mit hängenden Schultern und traurigem Blick wieder rein.

 

 

Manuel kam gleich auf mich zu und blickte mich hoffnungsvoll an.

,,Hast du ihn gefunden?“

Nun war die Hoffnung auch in seiner Stimme deutlich zu hören.

Ich konnte deutlich sehen, wie sich seine Gesichtszüge veränderten, als ich ihm mit eine Kopfschütteln stumm auf seine Frage antwortete.

,,Wo warst du denn?“

,,Beim BVB. Also auf dem Trainingsgelände und im Stadion.“

Manuel nickte und in dem Moment war und beiden klar, dass wirklich etwas Schlimmes passiert sein musste.

,,Ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen soll.“

Ich sank auf die Knie, legte mein Gesicht in meine Hände und spürte kurze Zeit später erneut, wie sie nass wurden.

Manuel war auch gleich an meiner Seite und zog mich sanft auf die Beine.

,,Lass uns ins Wohnzimmer gehen. Offensichtlich können wir im Moment nicht mehr tun.“

Noch bevor ich antworteten konnte, zog Manuel mich mit sich und bugsierte mich vorsichtig zur Couch.

Dort drückte er mich sanft darauf und verschwand aus dem Raum.

Wahrscheinlich wollte er nur etwas holen, aber die Stille, die Bilder an der Wand und auf dem Schrank machten mich wahnsinnig.

Erneut überkam mich eine Art Panik und ich hatte das Gefühl der Raum wäre zu klein.

Ich sprang auf, stolperte wie in Trance aus der Terrassentüre im Wohnzimmer und ließ mich dort auf den nächst besten Stuhl, den ich finden konnte, sinken.

Tief durchatmend starrte ich in den mittlerweile dunklen Garten, der sich vor mir erstreckte.

 

 

Vor meinem geistigen Auge sah ich Lenny durch den Garten springen und mit uns Fußball spielen, gesund und munter, wie wir es fast täglich taten im Frühjahr und Sommer.

Wie wir im Herbst Kastanien sammelten und bunte Blätter für Kindergarten und Schule oder im Winter Schneemänner mit BVB Schal bauten.

Ich sah Manu wie er jedes Jahr auf´s Neue lachend den Kopf schüttelte, wenn Lenny rein lief um den Schal zu holen und ich ihn hoch hob, damit er den Schal um den Hals des Schneemanns legen konnte.

,,Woran denkst du?“, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und zuckte heftig zusammen.

Manuel war zu mir raus gekommen und hatte mir wohl scheinbar eine Jacke über die Schultern gelegt.

Das hatte ich gar nicht mitbekommen, bevor er nichts gesagt hatte.

,,Ich hatte Lenny im Kopf, die verschiedensten Situationen. Sie kamen einfach und ich musste raus, tut mir leid.“

,,Muss dir nicht leid tun. Ich verstehe das doch. Aber ich bin sicher, dass sich das alles wieder klärt. Lenny kommt ganz sicher wieder.“

,,Ich hoffe du hast Recht.“

,,Ganz sicher und dann werden wir auch ganz sicher wieder eine glückliche kleine Familie, so wie wir es die ganze Zeit waren.“

Ich nickte und sah Manuel zu, wie er sich einen Stuhl bei zog und sich darauf nieder ließ.

Einige Zeit hatten wir einfach so da gesessen und uns an geschwiegen, was mich aber nicht wirklich störte, denn mit Manuel war es auch einfach schön zu schweigen.

 

 

,,Willst du nicht wieder rein gehen? Langsam wird es kalt.“, hörte ich die Stimme von Manuel und ich nickte knapp.

Hier draußen konnten wir ja auch nichts tun und dann war es doch schon besser, wenn wir rein gehen würden.

,,Vielleicht sollten wir gleich ins Bett gehen.“, schlug Manuel vor, nachdem wir wieder rein gegangen waren.

,,Ich glaube ich kann nicht schlafen. Ich meine das kann doch nicht gehen. Ich kann doch nicht einfach schlafen gehen, wenn Lenny noch nicht wieder da ist.“

,,Aber du musst doch schlafen. Das hat doch sonst keinen Sinn. Schatz, Lenny kommt auch nicht schneller zurück wenn du nicht schläfst.“

Fassungslos sah ich Manuel an, denn ich konnte nicht wirklich verstehen, wie er so reden konnte.

,,Lenny hätte sicher auch nicht gewollt, dass du dir die Nächte um die Ohren schlägst.“

Sofort sprang ich auf und war jetzt wirklich mehr als fassungslos.

,,Rede nicht von meinem Sohn als sei er tot. Das ist er nicht, dass spüre ich! Also gib acht auf deine Worte!“, polterte ich auch gleich los und ballte meine Hände zu Fäusten.

Manuel hob beschwichtigend die Hände und sah mich flehend an.

Gleich setzte ich mich wieder hin und sah auf den Boden.

,,Es tut mir leid, ich hätte nicht so reagieren sollen. Du hast ja schon recht. Vielleicht sollten wir wirklich schlafen gehen. Mit freiem Kopf lässt sich wohl auch viel besser denken, immerhin müssen wir uns überlegen, wie wir Lenny finden können.“

 

 

Manuel nickte erneut und gemeinsam gingen wir ins Schlafzimmer, wo wir uns umzogen und uns ins Bett kuschelten.

Ich kuschelte mich auch gleich an Manuel und dieser zog mich auch gleich enger in seine Arme.

Wir lagen eine ganze Weile noch im Bett und auch Manuel schien Probleme zu haben einzuschlafen.

Allerdings hörte ich nach einer Weile das leise schnarchen von ihm und wusste, dass Manuel doch eingeschlafen war.

Ich spürte tief in mir aber immer noch eine tiefe Verzweiflung und Unruhe.

Mit einem Seufzen lockerte ich den Griff von Manuel und stand erneut auf.

Ich hatte keine Ahnung was ich tun sollte, aber schlafen konnte ich einfach nicht.

Mit leisen Schritten ging ich auch gleich ins Wohnzimmer und ließ mich dort schwer auf die Couch sinken.

Als ich die Zigaretten sah, schnappte ich sie mir auch gleich vom Tisch und zündete mir auch gleich eine an.

Ich zog heftig daran und inhalierte auch gleich tief, bevor ich den Qualm wieder meinen Lungen entweichen ließ.

Völlig vertieft in meinen Gedanken, bekam ich nicht mit, wie die Haustüre geschlossen wurde.

,,Dad?“, hörte ich hinter mir eine Stimme und zuckte auch gleich heftig zusammen, bevor ich rum wirbelte und Lenny vor mir stehen sah.

,,Lenny!“, entfuhr es mir auch gleich und sprang sofort auf.

In wenigen Schritten war ich auch gleich bei ihm und zog ihn eng in meine Arme.

 

 

War ich einfach froh, dass er endlich wieder da war.

,,Wie geht es dir? Gott Lenny, wo warst du denn?“

,,Mir geht es gut. Ich war bei einem Freund. Du bist sicher böse, oder?“

,,Nein, ich bin nicht böse, sondern einfach nur froh, dass du wieder da bist. Bei welchem Freund? Ich habe doch alle angerufen. Alle Eltern sagten, du wärst nicht da gewesen.“

,,Die Eltern wussten das nicht. Ich habe mich versteckt, wenn die kamen.“

,,Aber wieso bist du denn nicht gleich nach Hause gekommen oder hast zumindest vorher angerufen? Ich bin gestorben vor Sorge.“

,,Wir hatten heute Morgen Streit und ich dachte du willst mich nicht mehr. Deswegen bin ich nicht nach Hause gekommen.“

,,Aber der Streit heute Morgen war doch nicht ernst gemeint. Vor allem würde ich doch niemals wollten, dass du nicht mehr her kommst. Ich liebe dich doch, auch wenn wir Streit haben.“

,,Wirklich.“

,,Ja, ganz wirklich.“

,,Danke, Dad.“

,,Lass uns noch etwas kuscheln und dann gehen wir ins Bett.“

Lenny nickte und kuschelte sich auch gleich mit mir zusammen auf die Couch.

Dort zog ich ihn auch gleich enger in meine Arme und schwor mir niemals wieder los zu lassen.

,,Bist du wirklich nicht böse?“, fragte Lenny vorsichtig.

,,Nein, wirklich nicht.“

Vorsichtig lächelte ich ihn an und streichelte ihm durch die Haare.

Sofort kuschelte er sich enger gegen meine Hand und lächelte mich an.

 

 

Erneut hörten wir Geräusche und kurze Zeit kam Manuel ins Wohnzimmer.

,,Lenny!“, entfuhr es ihm auch gleich und setzte sich den den Kleinen und legte auch gleich einen Arm um ihn.

,,Wo warst du denn nur?“, fragte er weiter.

,,Ich war bei einem Freund, weil ich Stress mit Dad hatte.“

,,Verstehe. Aber jetzt bist du ja glücklicherweise wieder da.“, lächelte Manuel und Lenny nickte ebenfalls lächelnd.

Wir saßen noch eine Weile schweigend da und kuschelten einfach noch etwas.

,,Ich gehe jetzt ins Bett, ja?“, fragte Lenny nach einer Weile und gähnte.

,,Okay mein Großer. Werden wir wohl auch gleich tun. Bist ja jetzt wieder da.“, lächelte ich ihn überglücklich an.

Schnell noch drückte ich Lenny uns einen Kuss auf die Wangen und war dann auch schon in seinem Zimmer verschwunden.

,,Zum Glück ist er wieder da.“, lächelte Manuel mich glücklich an, was ich auch gleich erwiderte.

,,Ja, Gott sei Dank.“

,,Wieso hattest du denn Streit mit ihm?“

,,Ach er wollte ein Spiel für die Playstation und ich sagte ihm, dass er das haben könnte, ich aber erst noch warten wollte, wie die Mathearbeit ausfällt, die er geschrieben hat. Er wollte das Spiel aber sofort und dann kam es zum Streit. Eigentlich nichts Schlimmes.“, zuckte ich mit den Schultern.

,,Wenn dann aber zwei Stur köpfe aufeinander treffen, wie bei euch, dann wird aus einem kleinen Streit ein ganzer Krieg, das kenne ich von euch ja schon.“, grinste Manuel und zwickte mir auch gleich in die Seite, was mich auch gleich grinsen ließ.

 

 

Auch wenn ich das nicht gerne zugab, so hatte Manuel schon Recht.

Wir waren wirklich stur, aber er stand uns da in nichts nach.

Mit einem Grinsen auf den Lippen schlug Manuel auf den Oberschenkel und stand dann auf.

,,Lass uns ins Bett gehen. Ich sehe nochmal nach Lenny und dann komme ich auch.“

Manuel nickte einverstanden, stand ebenfalls auf und ging ins Schlafzimmer.

Ich ging nochmal zu Lenny, aber der hatte sich mit einer kleinen gelben Stoffente und einem Stofftier des Maskottchen vom BVB, Emma, ins Bett gekuschelt.

Diese Stofftiere hatte eine hohe Bedeutung für den Siebenjährigen, denn beide Stofftiere hatte er von mir zur Geburt bekommen und ohne diese schlief er niemals, egal wo er war.

Mit einem Lächeln betrachtete ich das Bild, drückte ihm noch einen Kuss auf die Stirn und hauchte ihm noch ein “Schlaf gut“ ins Ohr, auf das er nur noch etwas grummelte und sich dann rum drehte.

Schnell zog ich die Decke noch richtig über ihn und kuschelte ihn dort ein, bevor ich das Zimmer verließ und wieder zu Manuel ging.

Dieser lag bereits im Bett und wartete auf mich.

,,Lenny schläft, mit Ente und Emma im Arm.“

,,Gott, wie süß.“, pflichtete Manuel mir bei und ich sprang auch gleich neben ihm ins Bett.

Schnell kuschelte ich mich wider neben ihn und war auch gleich ruhiger.

,,Ich wünsche dir nochmal eine gute Nacht mein Schatz, schlaf gut und träum was süßes.“ verabschiedete sich Manuel.

 

 

,,Ich wünsche dir auch eine gute Nacht. Schlaf du auch gut und träum du auch süß. Ich liebe dich.“

,,Ich liebe dich auch.“

Gleich kuschelte ich mich noch etwas enger an Manuel, den ich auch bald erneut leise schnarchen hörte.

Noch kurz dachte ich über den Tag und seine Geschehnisse nach, bevor ich dann auch endlich meinen ersehnten Schlaf fand.

Jetzt wo Lenny wieder da war und wir alles geklärt hatten, konnte ich auch endlich schlafen, mit dem Gedanken ihm am nächsten Tag das Spiel zu kaufen, schließlich wollte ich ja nicht, dass das nochmal vorkam.

Außerdem wollte ich meinen Sohn doch auch einfach glücklich machen und sehen.

Schließlich soll mein Sohn doch genauso stolz auf mich sein, wie ich auf ihn.

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