Kapitel 2

 

Auf dem Trainingsgelände angekommen, wunderte ich mich, das noch nicht so viele Autos wie sonst um die Zeit auf dem Parkplatz standen.

Eigentlich entdeckte ich nur Marcel´s Auto.

Die Jungs hatten aber schon vor längerem von Fahrgemeinschaften gesprochen.

Vielleicht hatten sie das endlich in die Tat umgesetzt und Marcel hatte den ein oder anderen mitgebracht.

Aber das würde ich ja gleich sehen.

Also schnallte ich mich ab, schnappte mir meinen Kaffee und meine Trainingstasche und ging Richtung Kabine.

Auf dem Weg dahin war es merkwürdig ruhig.

Meistens hörte man die Jungs schon von weitem ausgelassen miteinander reden oder lachen.

Vor allem Kevin.

Den hörte man wohl auch noch aus tausend Borussen raus.

Bei dem Gedanken musste ich lachen.

Ich mochte Kevin.

Er war ein sehr guter Freund für mich.

Schon oft hatte er mir geholfen, wo ich nicht mehr weiter wusste.

Ich war ihm unendlich dankbar dafür.

Dann war ich auch schon an der Türe zu unserer Kabine.

 

 

Langsam und leise öffnete ich die Türe.

Bei meinen Kollegen wusste man schließlich nie, was die so ausheckten.

Doch nichts geschah.

Ich öffnete die Türe ein Stück weiter und es geschah immer noch nichts.

Also gab ich der Türe einen leichten Stoß und sie ging ganz auf.

Außer Marcel der mit dem Gesicht Richtung Boden auf einem der Bänke saß war niemand zu sehen.

Marcel hatte mich scheinbar weder gehört noch gesehen.

Ich blieb noch einen Moment in der Türe stehen und beobachtete ihn.

Irgendetwas stimmte nicht mit ihm.

Er war sonst immer lustig drauf.

Lachte genauso viel und gerne wie ich.

Aber als er da so saß, wirkte er traurig und in sich gekehrt.

Beinahe schon depressiv.

Ich lehnte mich lässig gegen den Türrahmen.

Da es mir unfair vorkam ihn einfach so zu mustern machte ich auf mich aufmerksam.

 

 

,,Guten Morgen, Schmelle.“

Marcel zuckte augenblicklich zusammen.

War wohl doch ziemlich tief in seinen Gedanken.

Sein Kopf flog rum und seine Augen sahen mich weit aufgerissen an.

,,Mo... Morgen... Mats.“, brachte der Kleinere mühsam vor.

Ich zog eine Augenbraue hoch, während wir dem Blick stand hielten.

Jedoch sah mein Abwehr – Kollege bei dieser Geste weg und sein Blick wanderte wieder gen Boden.

,,Alles okay, kleiner?“, fragte ich unsicher.

Marcel reagierte nicht.

Das war ungewöhnlich.

Eigentlich reagierte er immer wenn ich ihn so ansprach.

Ich entschloss mich der Sache auf den Grund zu gehen.

Lässig ließ ich die Tasche von meiner Schulter rutschen und auf den Boden gleiten.

Ungeachtet ließ ich sie wo sie war und betrat die Kabine.

Mein Weg führte mich direkt zu dem Außenverteidiger.

Ich ließ mich neben ihm nieder und sah ihn an.

,,Was ist los?“, fragte ich erneut.

Marcel schüttelte leicht den Kopf.

,,Nichts.“

Ich entschloss mich erst mal nichts dazu zu sagen und abzuwarten ob noch was von dem Kleineren kam.

 

 

So saßen wir eine Weile einfach da und schwiegen.

Als es immer später wurde und die anderen Jungs aber immer noch nicht da waren, wollte ich zumindest über diese Sache aufgeklärt werden.

,,Wo sind denn die anderen?“, durchbrach ich dann die Stille.

,,Keine Ahnung.“

Marcel´s Antwort wirkte genauso niedergeschlagen wie er wirkte.

Es machte mich traurig ihn da so sitzen zu sehen.

Ich musste etwas tun.

,,Marcel?“

,,Hmh?“

,,Vertraust du mir?“

,,Nein... ich meine... ja... ach, ich weiß doch auch nicht.“, bekam ich zur Antwort.

Marcel vergrub sein Gesicht augenblicklich nach dieser Aussage in seine Hände.

Ich wusste nicht wieso, aber die Aussage von ihm war ein Stich in meinem Herzen.

Erstaunt sah ich ihn an.

Er war doch neben Kevin einer meiner besten Freunde.

Wieso vertrauter er mir dann nicht?

Hatte ich etwa etwas falsches gesagt oder getan, was den Kleinen verletzt haben könnte?

Aber da hätte er mich doch sicher drauf angesprochen.

Denn wir waren ja schließlich beide erwachsen und konnten über unsere Probleme reden.

Also startete ich einen neuen Versuch.

 

 

,,Marcel.“

Diesmal keine Frage.

Während ich seinen Namen aussprach legte ich meine Hand sanft auf seinen Oberschenkel.

Marcel zuckte augenblicklich zusammen und schlug meine Hand weg.

Mit großen Augen sah ich ihn an.

,,Was hast du denn?“, wollte ich nun wissen.

,,Nichts.“

,,Marcel, das sieht doch jeder, das du nicht nichts hast. Ich bin einer deiner besten Freunde. Magst du mir nicht sagen was mit dir los ist?“, sagte ich sanft.

,,Einer meiner besten Freunde? Das dachte ich auch immer.“, kam es von Marcel.

,,Was meinst du mit dachtest du auch immer? Marcel, es ist auch so.“

Marcel sah mich verächtlich an.

,,Genau, Mats. Lass mich in Ruhe, okay?“, sagte er mit leicht erhobener Stimme.

Er stand während er das sagte von der Bank auf und stand nun davor.

Seine Hände zu Fäusten geballt und sichtlich angespannt.

Doch so leicht wollte ich nicht aufgeben.

,,Marcel, was ist los? Habe ich was falsch gemacht?“

Meine Stimme war immer noch sanft.

,,Lass mich einfach in Ruhe.“, sagte Marcel immer noch mit erhobener Stimme.

Ich stand auf und näherte mich ihm.

,,Komm mir nicht zu nahe.“, sagte dieser scharf und ging einen Schritt zurück.

Davon ließ ich mich jedoch nicht beeindrucken und ging weiter auf ihn zu.

Marcel´s Augen funkelten mich böse an.

 

 

Aber auch davon konnte und wollte ich mich nicht beirren lassen.

Irgendetwas in mir trieb mich weiter an.

Ich näherte mich weiter Marcel bis ich unmittelbar vor ihm stand.

Er war nicht mehr zurückgewichen, obwohl er noch Platz gehabt hätte.

Ich hob meine Arme und wollte den Älteren in meine Arme ziehen.

Marcel hob ebenfalls eine Hand, aber nicht um meine Umarmung zu erwidern.

Der Schmerz zuckte plötzlich durch meine Wange und dann durch meinen ganzen Kopf.

Marcel hatte mir eine Ohrfeige verpasst.

Wie aus Reflex ließ ich den eine Hand sinken und die andere packte an meine Wange.

Ich sah Marcel erstaunt und mit weit aufgerissenen Augen an.

,,Ich habe dir gesagt komm mir nicht zu nahe!“, brüllte Marcel mich nun an.

Dann sah ich ein Glänzen in seinen Augen.

Tränen.

Wie in Zeitlupe nahm ich war, wie die Tränen aus Marcel´s Augen quollen und über seine Wangen liefen.

Dann ging er an mir vorbei und rempelte mich an.

Er lief raus und ließ mich alleine zurück.

Ich stand wie angewurzelt in der Kabine und hielt mir die Wange.

Schockiert über die Geschehnisse, war ich nicht fähig mich zu bewegen.

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Thema: Kapitel 2

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