Kapitel 31

 

Ich konnte nicht fassen was ich sah.

Wie in einem schlechten Albtraum fühlte ich mich und betete, so schnell wie möglich wach zu werden.

Doch leider wusste ich, dass es die Realität war, die mich hier erwartete.

,,Darf ich reinkommen?“, fragte die mir mittlerweile bekannte Stimme.

,,Du tust doch eh, was du willst.“, sagte ich so abschätzig wie möglich.

,,Sei doch nicht so gemein zu mir. Du hast doch keine Ahnung, was ich von dir will.“

,,Ich weiß aber, dass es nichts Gutes sein kann. Da wo du bist ist immer Chaos und Streß.“

,,Wieso bist du denn so frech?“

Das fragte er ernsthaft noch?

Nach allem, was vorgefallen war, fragte er das ernsthaft noch?

,,Du wagst es dich ernsthaft mich zu fragen was los ist und hier auch noch aufzutauchen?“

Michael kam näher zu mir ans Bett und ich wich automatisch ein Stück zurück.

Jedoch befand sich direkt hinter mir die Matratze, was ein zurückweichen erschwerte.

,,Ich bin nach hier gekommen, weil ich gesehen habe, was dir passiert ist und ich wissen wollte, wie es dir geht.“

,,Ich weiß, dass du es warst, der Kevin auf mich aufmerksam gemacht hat. Aber wieso warst du überhaupt in meiner Nähe?“, versuchte ich so emotionslos wie möglich zu fragen.

,,Seit deine Mutter mich vor die Türe gesetzt hat, ´beobachte ich dich und deinen Bruder jeden Tag. Ich habe jeden eurer Schritte mitbekommen.“

,,Mutter hat dich damals aus guten Gründen vor die Türe gesetzt und das weißt du besser als jeder andere von uns. Aber Marcel und ich haben es ja auch oft genug mitbekommen.“

 

 

Michael sah mich mit großen Augen an, sagte jedoch nichts.

,,Ich habe an dem Abend mitbekommen, dass du dich versucht hast umzubringen und das wollte ich mit allen Mitteln versuchen zu verhindern. Ich habe diesen jungen Mann dort gesehen. Ich hatte keine Ahnung wer es war. Es war dunkel und ich auch leicht in Panik, weil ich Angst hatte, dass ich zu spät komme und dir nicht mehr helfen kann. Der Mann hat direkt zugestimmt und hat dich gerettet. Ich habe dann nur noch einen Krankenwagen gerufen und als der kam, habe ich mich dann verpisst.“

,,Wieso bist du dann gegangen und vor allem wieso bist du dann jetzt wieder da?“

,,Marcel und ich sind viele Jahre ohne dich klar gekommen und Mutter kam auch ohne dich viel besser klar. Wieso Gott verdammt kommst du dann jetzt wieder?“, fragte ich aufgebracht.

,,Weil ich euch vermisse. Ihr seid immerhin meine Familie. Ich meine Marcel und du.“

,,Das scheinheilige Getue kannst du dir sparen. Davon will ich nichts hören.“

,,Das meine ich ernst, Manu. Ich liebe euch und ich habe euch mehr als vermisst. Ich will mich auch noch bei Marcel melden. Aber ich wollte erst sehen, wie es dir geht.“

,,Nenn mich nicht Manu und spar dir deine Liebeserklärungen für deine zahlreichen Affären oder sonst was aber lüg mich doch nicht mit dem Scheiß an!“

,,Manuel, dass ist das, was deine Mutter euch erzählt hat. Habt ihr euch denn nie für meine Version des Ganzen interessiert?“, fragte er beinahe schon traurig.

Nein, das hatten wir nicht, aber wir hatten es auch nie für nötig gehalten.

 

 

,,Wieso sollten wir auch?“, fragte ich nach einer Weile in der keiner etwas sagte.

,,Weil meine Sichtweise vielleicht eine andere ist wie die deiner Mutter.“

,,Und wenn schon, es interessiert mich nicht. Ich weiß auch nicht, was du hier machst. Du solltest jetzt besser gehen.“

,,Aber Manuel, ich wollte doch nur mit dir reden und dir erklären was Sache ist. Das kannst du doch nicht alles wissen.“

Ich schnaubte verächtlich und sah ihn mir von oben bis unten an.

,,Nein, dass will ich nicht und es ist mir auch egal. Ich will weder mit dir reden, noch will ich Kontakt mit dir oder ähnliches. Ich habe es 16 Jahre ohne dich geschafft und ich werde es auch bis an mein Lebensende ohne dich schaffen.“

,,Manuel, es tut mir wirklich leid. Ich...“

,,Geh einfach.“, unterbrach ich ihn.

Er sah resigniert zu Boden.

,,Ist das wirklich dein letztes Wort?“, fragte er niedergeschlagen.

,,Ja.“, sagte ich kalt und betete, dass er jetzt einfach ging.

,,Dann gehe ich jetzt.“, sagte er und drehte sich zur Türe rum.

An der Türe drehte er sich noch ein letztes Mal um und sah mich an.

Ich versuchte seinen Blick zu ignorieren und sah stattdessen stur vor mich auf die weiße Wand.

Ein erneutes Seufzend erklang und dann hatte er auch schon die Türe geöffnet.

Er trat hinaus und mit einem letzten Blick auf mein Bett und mich schloss er die Türe hinter sich.

Ich atmete tief durch und erst jetzt fiel mir auf, dass ich die Luft angehalten hatte.

Das musste ich Marcel berichten, denn auch da würde Michael wohl bald auf der Matte stehen.

 

 

Ich nahm mein Handy zur Hand, was Marcel mir Freundlicherweise mitgebracht hatte und schrieb ihm eine SMS.

 

`Michael war bei mir. Der will auch zu dir kommen. Solltest vorsichtig sein. Gruß Manu´

 

Ich bekam keine Antwort auf die SMS und hoffte, dass Marcel sie noch bekommen hatte, bevor es zu spät war und er genauso schockiert vor der Situation stand wie ich.

War es doch mehr als überraschend, wenn nach 16 Jahren plötzlich der Vater, oder besser gesagt Erzeuger, wieder vor einem stand.

Eigentlich hätte ich mich ja freuen sollen, aber das konnte ich einfach nicht.

Nicht nachdem, was alles passiert war.

Hatte er unserer Familie und vor allem unserer Mutter doch viel zu viele Dinge angetan und viel zu viel körperliche und seelische Schmerzen zugefügt.

Es war oftmals beängstigend wie offensichtlich gut Mutter das wegsteckte, aber wussten Marcel und ich mit jedem Jahr das wir älter wurden und mehr erfuhren, dass sie es innerlich aufgefressen hatte.

Heute war sie am Ende ihrer Möglichkeiten.

Ein seelisches Wrack, was ständig unter Beobachtung stand und Hilfe brauchte.

Auch das war für keinen von uns beiden einfach.

Aber wir hatten immer genügend Methoden dies zu verbergen.

Niemand wusste davon und niemand sollte davon erfahren.

Nicht mal unsere Freunde wussten es und nicht mal Marcel wusste, dass das und nur das, damals der einzig wahre Grund meines Wechsels war.

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Thema: Kapitel 31

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