Kapitel 11

 

,,Guten Tag, Herr Neuer.“, sagte der Arzt und legte eine mehr als übertriebene Pause ein.

Ich spürte wie die Unruhe und die Anspannung in mir stieg, wenn das überhaupt noch möglich war.

,,Nun, wie Sie ja schon gehört haben, geht es Ihrem Bruder nicht besonders gut. Durch die zahlreichen Schnittwunden die er an seinem Arm aufwies, hat er eine Menge Blut verloren. Wir mussten ihm einige Blutkonserven anhängen. Die Wunden hatten als er hier ankam bereits aufgehört zu bluten, allerdings sind einige davon sehr tief. Des weiteren wurde mir von einem Sanitäter erzählt, dass Ihr Bruder noch vor Ort reanimiert werden musste.“

Ich spürte wie mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich.

Er musste reanimiert werden?

Die Worte des Arztes hallten in meinem Kopf immer wieder nach.

,,Wir gehen davon aus, dass ihr Bruder versucht hat sich das Leben zu nehmen.“, fügte er an seine Erklärung an.

Ich hatte das Gefühl mir würde der Boden unter den Füßen weggerissen und langsam spürte ich wie meine Umwelt anfing zu verschwimmen.

,,Kann ich Ihnen helfen? Sie sehen blass aus?!“, stellte er nüchtern fest.

Ohne eine Antwort von mir abzuwarten drückte er mich an den Schultern zurück auf einen Stuhl hinter mir.

Sofort eilte die Schwester mit einem Glas Wasser herbei und drückte es mir in die Hand.

Gierig trank ich einige Schlucke und spürte, wie das kühle Nass meinen ausgedörrten Hals befeuchtete.

Nur langsam, realisierte ich meine Umwelt wieder.

 

 

Der Arzt stand immer noch vor mir und sah mich erwartungsvoll an.

,,Geht es besser?“, fragte er nach einer Weile.

Ich nickte und stand erneut auf.

,,Kann ich dann jetzt zu ihm?“

Der Arzt wollte mir gerade antworten, als wir ein schrecklich lautes und durchdringendes piepen hörten.

Sofort flogen unsere Köpfe in die Richtung, aus der die Geräusche kamen.

MANU´s Zimmer.

Ich wollte los laufen und in das Zimmer stürzen, aber meine Beine gehorchten nicht auf meine Befehle.

Verdammte Scheiße.

Der Arzt und einige Schwestern liefen los und stürzten in das Zimmer.

Die Türe hinter ihnen fiel mit einem lauten Knall ins Schloss und das piepen endete abrupt.

Das ganze Szenario nahm ich nur in Zeitlupe wahr.

Es kam mir vor, als wenn ich das alles gar nicht erleben würde, sondern jemand vor meinen Augen einen quälend langsamen Film über diese Geschehnisse abspielte.

Ich erinnerte mich an den Stuhl.

Wollte mich umdrehen und mich darauf setzen.

Doch auch hier gehorchte mir mein Körper nicht.

Ich sah, wie Menschen an mir vorbei liefen.

Keine Ahnung ob es Ärzte, Schwestern oder sonst etwas war.

Ein weiterer Versuch, an den Stuhl zu kommen.

Doch ich scheiterte kläglich und meine Sicht verschwamm erneut.

Stärker und schlimmer als beim ersten Mal und alles um mich herum tauschte sich in schwarze Leere.

 

 

Als ich wieder zu mir kam, sah ich als erstes eine weiße Decke.

Ich brauchte einige Augenblicke, um mir klar zu werden, wo ich mich befand.

Meine Gedanken spielten mir Streiche und schmissen erst noch alles durcheinander.

Dann aber, fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

Ich war doch im Krankenhaus, bei Manuel.

Was machte ich dann hier?

Langsam versuchte ich mich aufzusetzen.

Mats und Kevin waren direkt an meiner Seite.

Sie waren also auch noch hier.

,,Bleib liegen.“, sagte Mats sanft und drückte mich an der Schulter sanft zurück auf das Bett.

Widerwillig ließ ich mich zurückfallen.

,,Wie geht es Manu?“, brachte ich kaum hörbar raus.

Doch die beiden schienen mich verstanden zu haben, denn sie warfen sich verstohlene Blicke zu.

Kevin atmete tief durch.

,,Wir wissen es nicht. Die Ärzte konnten uns nichts sagen, da wir keine Angehörigen sind.“

Ich nickte resigniert.

,,Was mache ich hier?“

,,Du bist zusammengebrochen, als du mit dem Arzt geredet hat. Deswegen wurdest du auch in ein Bett gelegt.“, erklärte Mats.

,,Ich muss aber doch zu Manu.“

,,Der Arzt der Manu behandelt, wird gleich zu dir kommen und wird dir dann sagen, was mit Manu ist.“

Ich nickte nur.

 

 

Eine Weile standen Kevin und Mats schweigend neben meinem Bett.

Dann klopfte es an der Türe und der Arzt, der Manuel behandelte trat hinein.

,,Wir gehen in der Cafeteria einen Kaffee trinken. Wir kommen später nochmal zu dir.“, sagte Mats und streichelte mir über den Handrücken.

Ich nickte und sah den beiden nach, wie sie den Raum verließen.

Der Arzt sah den beiden ebenfalls hinterher und widmete sich dann voll und ganz mir, in dem er näher an mein Bett trat.

An dem Fußende blieb er stehen und faltete die Hände auf dem Bettgestell.

,,Nun Herr Neuer, Sie haben uns einen großen Schreck eingejagt. Sie hatten einen Kreislaufzusammenbruch. Wir würden Sie gerne noch bis morgen hier behalten, zur Beobachtung.“

,,Aber das geht doch nicht. Was ist denn mit Manuel? Ich muss doch zu ihm!“

,,Ihrem Bruder können Sie im Moment nicht viel helfen. Sie müssen jetzt erst mal sehen, dass Sie wieder auf die Beine kommen und dann kann ich Sie auch zu Ihrem Bruder lassen.“

,,Wie geht es ihm denn?“, fragte ich schon beinahe hysterisch.

,,Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen Herr Neuer, aber wir mussten Ihren Bruder eben erneut reanimieren.“

Und wieder hallten die Worte des Arztes in meinem Kopf nach.

Solange, bis eine Frage unüberhörbar in meinem Kopf brüllte.

,,Lebt er noch?“

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