Kapitel 24

 

Marcel sah mich lange an bevor er anfing zu erzählen.

,,Also so wirklich viel kann ich dir auch nicht sagen.“

,,Ich will aber, dass du mir das sagst, was du weißt.“

,,Du warst an den Abend wohl ziemlich mies drauf. Ich weiß nicht was vorher passiert ist, jedenfalls hast du dich an einer Brücke versucht umzubringen.“

Marcel legte eine kleine Pause ein.

Scheinbar musste er um Fassung ringen, bevor er weiter reden konnte.

Ich sah ihn erwartungsvoll an und wartete dennoch geduldig, dass er weiter sprach.

,,An dem Abend hat dich ein Mann gefunden, als du auf dem Geländer der Brücke gestanden hast. Er hat dich abhalten wollen, aber hat es nicht geschafft. Er hat sich Hilfe geholt und hatte Kevin gefunden.“

Wieder ließ Marcel eine kleinere Pause eintreten bevor er weiter sprach.

,,Na ja der Mann hat Kevin dann um Hilfe gebeten und der hat dich dann gerettet. Ihm hast du zu verdanken, dass du heute noch bei uns bist und noch vieles mehr.“

,,Was heißt noch vieles mehr?“

,,Kevin hat dich von der Brücke geholt. Er sagte du bist wohl abgerutscht und er hatte so gerade noch deine Hand zu packen bekommen. Er hat dich dann mit Mühe und Not hochgezogen und dir oben geholfen.“

Wieder eine Pause.

,,Er musste dich oben reanimieren. Du hattest einen Herzstillstand kurz nachdem Kevin dich gerettet hatte.“

Erneut legte Marcel eine Pause ein in der er sichtlich stärker als zuvor schon um Fassung rang.

Und auch ich spürte die Tränen in meinen Augen brennen.

Nur wusste ich noch nicht so recht, ob es nun Tränen der Freude oder der Trauer waren.

Kevin hatte mich also gerettet.

 

 

,,Na ja, jedenfalls hat der Mann dann einen Krankenwagen gerufen. Als der dann da war haben sie dich direkt nach hier gebracht. Du wurdest dann später in ein künstliches Koma verlegt, weil sich dein Zustand so sehr verschlimmert hatte. Aber wir waren jeden Tag bei dir. Mats, Julian und auch Kevin. Ich glaube sogar, dass es Kevin teilweise noch mehr als vorher mitgenommen hat. Ich meine du musst ihn da verstehen, er hat dich gerettet und er ist doch auch nur ein Mensch mit Gefühlen.“

Marcel legte eine erneute Pause ein.

Diesmal aber nicht um sich zu fassen, sondern um seinen Worten Gewicht zu verleihen.

,,Warum hat Kevin das getan? Wäre es nicht sinnvoller in seinen Augen gewesen, wenn er mich hätte verrecken lassen? Ich meine ich bin immer noch sein Feind Nummer 1.“

,,Manu, Kevin ist nicht so wie er sich immer gibt. Kevin hat da mehr Gefühle in der Sache als wahrscheinlich gut für ihn wäre.“

,,Was meinst du?“

,,Ich glaube, dass Kevin dich, auch wenn er es vielleicht nicht sagen würde, mag, vielleicht ja auch mehr. Vielleicht hat er dich ja auch gerne.“

,,Das meinst du doch wohl nicht Ernst?!“

Ich hatte sichtlich Mühe mich nicht zu sehr zu freuen über die Aussage.

Denn mein kleines Geheimnis sollte gut versteckt in meinen eigenen Gedanken bleiben und das sollte sonst keiner erfahren.

Vor allem mein Bruder nicht.

,,Wäre doch möglich, oder?“

 

 

Ich entschied mich auf diese Frage nicht zu antworten.

Wirklich wissen konnte ich es wohl eh nicht.

Das konnte wohl auch nur Kevin.

Dann fiel mir der Mann wieder ein und ich fragte mich wer das war.

Schließlich sollte ich mich dann ja auch bei meinen beiden Rettern bedanken.

,,Marcel?“

,,Hmh?“

,,Wer war der Mann?“

,,Welcher Mann?“, fragte er verwirrt.

Scheinbar war Marcel gerade so tief in Gedanken, dass er meine Frage, die zugegeben völlig aus dem Zusammenhang gerissen war, nicht verstanden hatte.

,,Du sagtest da sei ein Mann gewesen, der Kevin auf mich aufmerksam gemacht hatte. Wer war das, weißt du das?“

Marcel seufzte tief und ließ sich sichtlich lange Zeit diese Frage zu beantworten.

,,Ja, ich weiß, wer der Mann war.“, sagte er beinahe schwerfällig.

,,Wer war es?“

Wieder kehrte eine lange Pause ein in der niemand etwas sagte und Marcel sichtlich erneut um Fassung rang.

Ich wollte ihn nicht drängen, aber ich wusste auch, dass es schon schlimm sein musste, wenn er so lange brauchte um sich zu äußern.

,,Der Mann... das war... das...“, versuchte es Marcel zu erklären, brach dann aber doch wieder ab.

Ich setzte mich noch ein Stück weiter auf und nahm seine Hand in meine.

Schließlich wusste ich doch, dass Marcel in solchen Situationen, die Nähe einfach brauchte.

 

 

,,Kevin hat den Mann beschreiben können. Als er damit geendet hatte, wusste ich direkt um wen es sich handelte. Aber ich hatte gehofft, dass ich mich vertan habe.“

,,Das beantwortet nicht meine Frage. Wer war es?“, fragte ich erneut in sanftem Ton nach.

,,Ich zeigte Kevin ein Bild und hatte gehofft, dass er sagte, dass er es nicht war. Aber er war es Manu. Er war es.“

Diesmal war es mit der Fassung bei Marcel vorbei und ihm rannen die Tränen über das Gesicht und fielen ihm auf die Hose, wo sie kleine feuchte Kleckse hinterließen.

,,Wer war es?“, harkte ich nach.

,,Er, Manu. Er war es. Ich habe die Bestätigung von Kevin und der war sich sicher.“

So wirklich verstanden hatte ich das ganze nun noch nicht.

Was meinte Marcel?

Oder besser gesagt wen?

Bis mir dann die Antwort wie Schuppen von den Augen fiel.

,,Du meinst... Michael...?“, fragte ich entsetzt.

Ich konnte förmlich spüren, wie mir die Farbe aus dem Gesicht wich.

,,Ja, den meine ich.“, sagte Marcel schluchzend.

Nun war es auch um mich geschehen und auch ich konnte nicht mehr an mich halten.

Ich spürte die Tränen über meine Wangen laufen.

Es war, als hätte jemand einen Wasserhahn in meinen Augen geöffnet.

Aber ich konnte einfach nicht glauben, was Marcel mir da sagte.

Sollte das wirklich so gewesen sein?

Hatte Kevin sich vielleicht doch einfach nur vertan und es war nicht Michael?

Oder war er es wirklich und er war nun wieder zurück?

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