Kapitel 18

 

Campino Pov

 

Ich habe keine Ahnung, wie lange ich da gelegen habe und meinen Tränen einfach freien Lauf gelassen habe.

In dem Moment fühlte ich mich wie ein kleines Kind.

Vollkommen hilflos, anderen ausgeliefert und schutzlos.

Hier hatte ich niemanden, der mir half, ganz im Gegenteil.

Denn hier war es an der Tagesordnung, dass alle gegen einander arbeiteten.

Zusammenhalt oder so was in der Ähnlichkeit gab es hier nicht.

Das würde es hier wohl auch nie geben.

Auch bei Kevin hatte ich das schon gesehen und mitbekommen.

Der war auch den einen Tag super drauf und den anderen nicht.

Hier war vieles auch abhängig von der Tagesform und da spürte man eben auch deutlich, wenn einer einen guten und einen schlechten Tag hatte.

Sicher konnte man hier auch keine gute Laune haben, dass war wohl einfach den Umständen geschuldet, aber bei Kevin hatte ich das alles auch nicht so wirklich verstanden.

So schlimm wie es immer bei ihm war, so hatte ich es noch nie erlebt.

Auch hier drinnen hatte ich nie einen erlebt, der solche Schwankungen hatte, wie er.

Ich sollte Kevin vergessen, denn dieser war jetzt nicht mehr da und ich würde auch nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Er hatte mir ja nur zu deutlich klar gemacht, dass er das nicht mehr wollte.

Also sollte es mich auch nicht stören, wobei ich immer wieder spürte, dass es mich verletzte.

Auch wenn ich es nicht erklären konnte, immer noch nicht.

Aber ich war mir sicher, dass auch das noch kommen würde, irgendwann.

 

 

Ich hörte Schritte, die über den grauen Linoleumboden schlurften.

Ein Zeichen für mich, dass da wohl auch bald ein Schließer kommen würde.

Vielleicht würde der mir das Leben dann noch zusätzlich zur Hölle machen.

Denn genau das hatten sie doch immer vor, wenn sie zu uns kamen.

Die kleine Klappe an der Türe öffnete sich und ich sah in die stahlblauen Augen des Wärters.

Ich wusste, dass der eben schon Scheiße gebaut hatte, denn der war es auch, der eben bei mir war, als ich wieder wach wurde.

Mit einem tiefen Seufzen sah ich wieder auf den Boden und wollte nicht mehr in seine durchdringenden Augen starren, die nichts liebevolles an sich hatten.

Unter anderen Umständen hätte ich wohl auch Angst gehabt, aber hier drinnen hatte ich sämtliche Gefühle abgelegt.

Als würde ich nur noch eine leere Hülle sein, die nichts mehr mit einem Menschen zu tun hatte.

Auch die Gefühle hatte ich teilweise abgelegt.

So etwas wie Angst, das kenne ich nicht mehr.

Diese hatte ich auch verloren und das schon vor längerem.

Ich hörte wie die Türe aufgeschlossen wurde und blickte erneut zu dieser.

Der Wärter, dessen Namen ich immer noch nicht kannte, trat ein und knallte mir lieblos ein Tablett auf den Tisch.

Fragend blickte ich das an und er zuckte die Schultern.

,,Essen!“

Mehr sagte er nicht, bevor er den Raum wieder verließ.

 

 

Eine ganze Weile starrte ich das Tablett nur an und wusste nicht so ganz, ob ich das essen wollte.

Ich konnte schon von weitem erkennen, dass es wohl nur ein lieblos geschmiertes Brot war, was auf die Teller geklatscht wurde.

Keine Wurst, kein Käse, sondern einfach nur Butter und davon kaum etwas.

Mit einem Seufzen stand ich auf und ging doch zu dem Tisch.

Irgendwann musste ich ja mal etwas essen.

Ich blickte das Essen an und spürte Übelkeit in mir aufkeimen.

Das konnte so doch wirklich kein Mensch essen.

Ein Zettel lag ebenfalls auf dem Tablett, den ich zur Hand nahm.

Allerdings fiel dieser mir aus der Hand und ich bückte mich, um ihn wieder aufzuheben.

Da erlangte dann etwas anderes meine volle Aufmerksamkeit.

Etwas glitzerndes lag unter dem sporadischen Bett, auf dem ich eben gelegen hatte und ich hob den Zettel auf, bevor ich diesen kurz anblickte.

Außer meinem Namen stand da nichts drauf, wahrscheinlich nur für die Wärter, damit sie wussten, dass es mein Essen war.

Dann aber ging ich zu dem “Bett“, denn ich wollte wissen, was mich da an glitzerte.

Erneut bückte ich mich und zog eine Scherbe hervor.

Sie war recht groß und wäre wohl auch aufgefallen, wenn die hier regelmäßig putzen und aufräumen würden, aber das sie das nicht taten, hatte ich ja schon festgestellt.

Ich nahm sie zur Hand und setzte mich damit wieder auf das Bett.

Sie musste von einem Spiegel sein, denn ich konnte mich auf der einen Seite selber sehen.

 

 

Die andere Seite war matt und gräulich.

Vielleicht hatte mein Vorgänger einen Spiegel hier drin gehabt und diesen kaputt gemacht.

Ich blickte an die Wand und daran entlang, bis ich die Löcher gefüllt mit Dübeln sah, wo der Spiegel gehangen haben musste.

Mit einem Nicken wusste ich, dass ich recht hatte.

Es war mein Vorgänger und ein Spiegel an der Wand.

Eine ganze Weile drehte ich das Stück in meiner Hand, ohne zu wissen, was ich damit tun sollte.

Die Gitterstäbe würde ich damit sicher nicht durchbekommen.

Einen Wärter konnte ich damit auch nicht gefährlich werden.

Klar hätte ich ihn verletzen können, aber wohl nicht so, dass ich hier fliehen konnte.

Außerdem wäre es wohl auch nicht so gut, die Entlassung zu gefährden, denn lange hatte ich nicht mehr.

Bald würde ich hier raus sein und dann konnte ich wieder in Freiheit leben.

Aber vielleicht konnte ich die Scherbe ja auch noch für andere Dinge nutzen.

Zu dem Zeitpunkt hätte ich wohl alles erdenkliche in die Wege geleitet, um das irgendwie zu schaffen und zu machen.

Ich wollte doch nur noch raus und nach Hause und wieder einmal fiel mir schmerzhaft auf, dass ich das nicht schaffte, solange die Haft nicht abgesessen war.

Die Klinge wanderte fast schon wie selbst, ohne das ich es kontrollieren konnte zu meinem Handgelenk und streifte über meinen Unterarm, ohne das ich mich schnitt.

Dann setzte ich sie, vollkommen in Trance und nicht handlungsfähig erneut an meinem Handgelenk an.

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Thema: Kapitel 18

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