Kapitel 16

 

August 2004

 

Manuel und ich verbrachten viel Zeit miteinander, aber immer ging dann leider auch nicht.

Wenn er auf Trainingslagern war oder bei Spielen, dann hatte er keine Zeit für mich.

So auch heute, denn da war er wieder auf dem Weg zu einem Spiel und ich hatte mich entschlossen bei meiner Oma zu übernachten.

Sie hatte zwei Schlaganfälle erlitten und hatte es seitdem auch nicht wirklich einfach.

Des weiteren musste sie schon vor längerer Zeit ihren Mann in ein Altenheim geben, weil der mit seiner Krankheit auch nicht mehr so konnte, wie er wollte.

Meinen Opa kannte ich nur krank.

Er hatte 1990 den ersten Schlaganfall und 1992 den zweiten.

Seitdem war er halbseitig gelähmt und hatte auch so seine Probleme.

Hinzu kam, dass er seine Diabetes nicht im Griff hatte und immer wieder gerne in die Stadt abgehauen war um dort Eis oder ähnliche Dinge zu essen, die in seinem Zustand nicht gut waren.

Da meine Großeltern direkt in der Stadt wohnten, war es für meinen Opa natürlich ein leichtes dorthin zugehen.

Auch die 64 Treppenstufen hielten ihn davon nicht ab.

Er hatte einen unglaublichen Lebenswillen und Bewegungsdrang, denn er bewältigte diese Masse an Stufen jeden Tag und das obwohl er nur schwer gehen konnte durch seine Halbseitenlähmung.

Er war für mich immer jemand, zudem ich aufsehen konnte.

Einiges hatte er erreicht in seinem Leben und hatte es sogar geschafft sich eine Zeit lang selbstständig zumachen mit einem eigenen Architektenbüro.

Das hatte bis zum heutigen Tag keiner aus unserer Familie geschafft.

Mein Opa blieb was das angeht ein Einzelstück.

 

 

Die Krankheit meines Opa´s hatte die ganze Familie natürlich böse erwischt und anfangs war es wirklich schwer damit umzugehen.

Über die Jahre hinweg hatte sich sein Krankheitsbild immer mehr und mehr verschlechtert.

Einige Krankenhaus Aufenthalte kamen dazu und teilweise war er auch zeitweilig mal auf einer geschlossenen Station, weil es anders einfach nicht mehr in den Griff zu bekommen war.

Sicher war auch ich noch jünger, aber dennoch musste ich zusehen, dass ich das alles irgendwie unter einen Hut bekam.

Denn auch ich bekam davon mehr mit, als alle vielleicht gedacht hatten.

Natürlich fiel es auch meiner Oma nicht leicht nun plötzlich alleine klar zu kommen.

Sie hatte immer einen Mann an ihrer Seite gehabt und den hatte man ihr nun durch die Krankheit genommen.

Sie war nicht mehr in der Lage meinen Opa zu versorgen, denn auch sie hatte mit ihrer Krankheit zu kämpfen.

Anfangs war mein Opa noch in einem großen Heim und später kam er dann in ein Kleineres.

Dort waren mit ihm zusammen nur sieben Leute untergebracht und wir waren sicher, dass man sich dort auch gut um ihn kümmern würde.

Das taten sie auch mehr oder weniger, kleinere Differenzen gab es auch dort.

Aber dann fingen nach kurzer Zeit auch dort immer mehr und mehr Krankenhausbesuche an.

 

 

Noch weitere Schlaganfälle und Herzinfarkte musste mein Opa miterleben.

Und irgendwann war es dann so schlimm, dass man nicht mehr wirklich etwas für ihn tun konnte.

Er lag den ganzen Tag im Bett, konnte sich nicht mehr rühren, konnte nicht mehr reden, konnte sich nicht mal selber anziehen oder waschen.

Sogar das eigenständige Essen, war bei ihm nicht mehr gegeben.

Wir hatten alle mehr als genug damit zu kämpfen und es war immer wieder schwer ihn dort so vor sich hin vegetieren zu sehen.

Mehr hatte er nicht mehr in seinem “Leben“.

Es war wirklich schlimm für mich immer und immer wieder dahin zu fahren und das zu sehen.

Aber ich war ihm das einfach schuldig.

Anfangs hatte er trotz das er nicht mehr reden oder sich bewegen konnte noch auf uns reagiert.

Er hatte den Kopf gedreht, später war auch das nicht mehr möglich, da hatte er nur noch die Augen bewegt.

Aber auch das hatte mit und mit nachgelassen.

Am Anfang hatte er auch noch dementsprechend seine Gestik verändert, dass man wusste, dass er uns noch verstand.

Vor allem, wenn wir ihm sagten, dass der FC Bayern gewonnen hatte.

Mein Opa war leidenschaftlicher Bayern Anhänger und hat es immer wieder gerne gehört, wenn diese auch gewannen.

Aber auch das hatte mit zunehmendem verschlechtern der Krankheiten nachgelassen und zum Ende hin lag er nur noch reglos im Bett und reagierte nicht mal auf unsere Besuche.

 

 

Als ich an diesem Abend zu meiner Oma kam, sagte diese zu mir, dass sie ein schlechtes Gefühl hatte.

Das diesen Abend etwas passieren würde.

Aber ich hatte da nichts drauf gegeben und war mir sicher, dass es wohl nur ein dummes Gefühl war.

Den Abend verbrachten wir wie immer.

Wir sahen uns Filme an, die im TV kamen und ich schrieb nebenbei noch SMS mit Manuel.

Hatte an dem Abend mehr als große Sehnsucht und wollte ihn doch einfach wieder bei mir haben.

Aber ich wusste auch, dass es nicht mehr lange dauern würde, dann würde ich ihn auch endlich wiedersehen.

Als es dann an der Zeit war ins Bett zugehen, folgte ich meiner Oma.

Zu dem Zeitpunkt hatte ich mit meiner Oma zusammen in einem Bett geschlafen, da sie nachdem mein Opa ins Heim gegangen war, umziehen musste.

Sie hatte eine kleinere Wohnung bezogen und hatte da keinen Platz für ein Gästezimmer.

Aber wirklich gestört hatte es mich auch nicht.

Wir waren beide bereits eingeschlafen, als es an der Türe klingelte.

Als meine Oma dann aber nicht aufmachte, klopfte es an das Schlafzimmerfenster.

Meine Oma wohnte im ersten Stock, dass war ein leichtes, dort am Fenster zu klopfen.

Meine Mutter stand davor und hatte mehr als schlechte Nachrichten für uns.

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