Bittere Niederlage

 

Wie nach jedem Spiel drehten wir unsere Runde im heimischen Stadion.

Erst zur Nordkurve uns bei unseren Ultras und treusten Fans für die Unterstützung bedanken und dann über die Haupttribüne über den Gästeblock in die Kabine.

Eigentlich eine einstudierte Handlung, doch heute war alles anders als sonst.

Heute hatten wir das Champions League Spiel gegen Galatasaray Istanbul verloren und sind somit ausgeschieden.

Haben den Einzug ins Viertelfinale nur knapp mit 2:3 verloren und das auch noch in der Nachspielzeit.

Genauer gesagt in der 95. Minute des Spiels.

Mit hängenden Köpfen gingen wir Richtung Nordkurve.

Ich blickte von hier aus in viele traurige Gesichter und sah, dass einige sogar weinten.

Mich überkam eine Gänsehaut.

Hatten wir doch alles gegeben auf dem Platz.

Gekämpft bis zur letzten Minute und doch hatten wir verloren.

Es war ungerecht vor allem unseren Anhängern gegenüber.

Sie hatten uns so toll unterstützt.

Uns ständig mit ihren Gesängen und ihren Rufen nach vorne gepeitscht, doch wir sollten nicht belohnt werden.

Weder für die Mühe noch für den Kampf den wir immer und immer wieder suchten um den Ball doch noch irgendwie im gegnerischen Tor unterzubringen.

Neben mir tauchte Julian auf.

Auch er war am Boden zerstört.

Samstags noch der gefeierte Derbyheld und nur drei Tage später tot unglücklich.

Ich konnte es ihm nicht verübeln.

Ging es mir doch nicht anders.

 

 

Selbst nach dieser bitteren Niederlage standen sie in der Kurve und feierten uns.

Auch unsere Fans hatten unsere Mühe gesehen und toleriert.

Wir konnten auf jeden einzelnen von ihnen stolz sein und das waren wir immer wieder.

Bei jedem Spiel ob Sieg oder Niederlage.

Sie waren da und unterstützten uns wo es nur ging.

Auf unsere Fans war immer Verlass.

Ich sah die Nordkurve hoch und mich überkam erneut eine Gänsehaut.

Wusste ich doch immer wieder, wenn ich dieses Bild sah, dass ich mit meiner Vertragsverlängerung auf Schalke alles richtig gemacht hatte.

Hier fühlte ich mich wohl.

Das war meine Heimat, mein Verein, mein Stolz, meine Liebe.

Nachdem wir unsere Runde beendet hatten, trotteten wir langsam und mit hängenden Köpfen in die Kabine.

Wir wollten alle nicht sehen, wie die Türken in unser Arena ihr weiterkommen feierten.

Der ein oder andere von uns gab noch Interviews.

Timo zum Beispiel, hatte sich dazu noch durchringen können.

Aber ich wollte einfach nur noch in die Kabine und meiner Trauer freien Lauf lassen.

Neben Julian ging ich vom Spielfeld und in die Kabine.

Dort setzte ich mich auf meinen Platz und vergrub das Gesicht tief in meine Hände.

Die Tränen bahnten sich unaufhaltsam ihren Weg aus meinen Augen.

In dem Moment wollte ich sie aber auch nicht mehr aufhalten.

Die Enttäuschung war einfach zu groß über diese unverdiente Niederlage.

 

 

Ich spürte, wie sich jemand neben mich setzte und mir sanft über den Rücken streichelte.

Selbst diese Berührung schien mir im Moment zu viel.

Kurz nur sah ich auf und sah, dass es Roman war, der neben mir saß und versuchte mich zu beruhigen.

Er hatte heute das 1:0 für uns gemacht.

Dieses so wichtige 1:0, nachdem alles so aussah, als würden wir weiterkommen.

Für ihn war es dann wohl besonders bitter, weil er auch noch angeschlagen ausgewechselt werden musste.

Vielleicht hätten wir mit ihm das Spiel noch drehen können.

Aber vielleicht auch nicht, es war müßig sich nun da noch den Kopf drüber zu zerbrechen, denn das Spiel war vorbei.

Plötzlich überkam mich ein schlechtes Gewissen.

Sollte ich als Kapitän nicht eigentlich derjenige sein, der die anderen tröstete?

Ich sollte nicht hier sitzen und meinem eigenen Schmerz klein bei geben, sondern für meine Mitspieler da sein.

Mit dem Handrücken wischte ich mir über die Augen und somit die Tränen weg.

Schnell hatte ich mein übliches Lächeln aufgesetzt.

Das es in dem Moment gelogen war und es mir in der Situation alles andere als zum Lächeln zumute war, bekamen meine Kollegen entweder nicht mit oder ignorierten es.

Ich hob den Kopf und sah unserer Nummer 33 fest in die Augen.

,,Danke Roman.“

Dieser nickte nur und stand dann mit mir zusammen auf und ging zu seinem Platz.

Mein Weg führte zu Julian und Max, die in einer Ecke saßen und sich gegenseitig trösteten.

 

 

,,Hey ihr beiden.“, sagte ich vorsichtig.

Beide hoben zeitgleich den Kopf und sahen mich aus verweinten Augen an.

,,Wir haben alles gegeben, dass wisst ihr. Es sollte nicht sein. Hängt euch nicht so an dem Spiel auf. Wir konzentrieren uns jetzt voll und ganz auf die Bundesliga damit wir nächste Saison wieder in der Champions League kicken können.“

Die beiden nickten, sahen mich aber sonst stumm an.

Auch ihre Tränen rannen noch immer stumm ihre Wangen runter.

Konnte ich die beiden doch mehr als gut verstehen, denn es ging mir in dem Moment ja auch nicht anders.

Ich seufze und half den beiden auf die Beine.

Fast schon väterlich wischte ich ihnen über die Wangen und die Tränen aus dem Gesicht.

,,Ihr ward großartig. Alle zusammen, wie sie hier stehen. Ihr habt alles gegeben und gekämpft. Das solltet ihr nicht vergessen. Ich kann verstehen, dass es für jeden einzelnen von euch verdammt hart ist. Wir wollten alle mehr und alle weiterkommen und dennoch hat es einfach nicht gereicht. Das alleine ist aber kein Grund sich zu verstecken. Seht euch lieber an, was wir geleistet haben. Haltet an den guten Dingen, an den Siegen fest und nicht an den Niederlagen.“, hielt ich eine kleine Ansprache.

Das es in der Kabine still geworden war und alle meinen Worten gelauscht hatten, war mir im ersten Moment gar nicht aufgefallen.

Erst als einige und später die ganze Kabine klatschte wurde es mir erst richtig bewusst.

Die Jungs hatten sogar ihr Tun unterbrochen um sich ganz auf meine Worte zu fixieren.

 

 

Ich musste Lächeln und in dem Moment, war es seit dem Abpfiff wieder ehrlich.

Wusste ich doch, dass ich meine Jungs so motivieren konnte und sie etwas von ihren schlechten Gedanken befreien konnte.

Auch Max und Julian hatten ihre Tränen getrocknet und standen nun erwartungsvoll vor mir.

,,Zieht euch um. Es wird Zeit, dass ihr nach Hause kommt.“, sagte ich und zwinkerte den beiden jüngeren zu.

Diese nickten nur und gingen zu ihren Plätzen.

Auch der Rest der Mannschaft hatte sein Tun wieder aufgenommen und die, die geweint hatten, hatten ihre Tränen trocknen können.

Wer von denen zu Hause noch weinen oder sich Gedanken machen würde, konnte ich nicht sagen, aber ich wusste, dass ich meiner Aufgabe als Kapitän nachgekommen war und das alleine zählte für mich in diesem Moment.

Nun ging auch ich zurück auf meinen Platz und suchte mir alles zusammen um duschen zu gehen.

Nachdem ich alles zusammen hatte ging ich in den Duschraum und stellte mich unter das heiße Wasser.

Als es meinen vom Spiel immer noch erhitzen Körper traf, spürte ich, wie wohltuend es war.

Wusste ich doch, dass mich eine Dusche immer entspannen konnte.

Ich wusch mir noch schnell die Haare und meinen Körper und machte mich dann mit einem Handtuch um die Hüften wieder auf den Weg in die Kabine.

Einige Jungs waren sich bereits am anziehen, andere wieder rum noch unter der Dusche, aber es weinte keiner mehr von ihnen.

Das war immer hin schon mal ein Erfolg an diesem recht bescheidenen Tag.

Auch ich zog mich nun um, um schnell die Arena verlassen zu können.

Nach Niederlagen hatte ich es immer eilig nach Hause zu kommen.

Und nach solchen sowieso.

 

 

Nachdem ich mich angezogen hatte, blickte ich mich in der Kabine noch einmal um.

Mittlerweile waren alle Spieler wieder da und zogen sich an oder aber waren schon angezogen und wie ich bereit zu gehen.

,,Morgen 11 Uhr Training, Jungs. Bis morgen.“, sagte ich noch zur Verabschiedung und erntete allgemeines Gemurmel.

Mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen öffnete ich die Türe und verließ die Kabine.

Auf dem Weg aus der Arena raus und auch auf dem Weg zum Parkplatz traf ich niemanden.

Scheinbar waren all unsere Fans schon nach Hause gefahren.

Denn auch diese hatten es sobald wir den Platz verlassen hatten immer eilig nach Hause zu kommen.

Aber verübeln konnte man es ihnen ja auch nicht.

Fand das Spiel schließlich mitten in der Woche statt und viele von ihnen mussten am nächsten Tag arbeiten.

Sicher würden sich wohl auch viele krank melden, weil sie die Niederlage immer noch nicht verarbeitet hatten.

Aber wir mussten nun nach vorne blicken.

Ich erreichte mein Auto, stieg ein und fuhr auch sogleich nachdem ich mich angeschnallt hatte los.

Heute Abend wollte auch ich einfach nur noch nach Hause und in mein Bett.

Nach ungefähr 35 Minuten hatte ich dann auch endlich meine Wohnung erreicht.

Dankbar das nicht mehr viel Verkehr herrschte am späten Abend schloss ich meine Wohnungstüre auf.

Ich machte mir nicht die Mühe noch etwas zu erledigen oder sonst etwas.

Mein Weg führte mich direkt in mein Schlafzimmer wo ich mich bis auf die Boxershorts auszog.

Ich verkroch mich unter die Decke und dachte an das nächste Spiel.

Nun mussten wir gegen Nürnberg in der Liga ran und gewinnen.

Das waren wir unseren Fans nach heute definitiv schuldig.

Aber ich war mir sicher, dass wir das schaffen würden.

Wir hatten die Qualität und den Willen, dass haben wir auch heute unter Beweis gestellt.

Und am Samstag würden wir uns auch endlich wieder dafür belohnen können.

(Mit diesem Gedanken fand ich dann auch meinen ersehnten Schlaf.)

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