Kapitel 12

 

2003

 

Chris war direkt hinter mir und zog mich auch gleich eng in seine Arme.

Auch er hatte das schreckliche Bild gesehen und wusste nicht wirklich wie er damit umgehen sollte.

Ich spürte sofort Tränen in meinen Augen brennen und kurze Zeit später liefen sie auch schon unaufhaltsam meine Wangen hinunter.

Es war einfach mehr als unfassbar und ich konnte und wollte auch nicht glauben, was ich da zu sehen bekam.

Mein Bester Freund, der immer so stark schien und immer einen Ausweg gefunden hatte, hatte Selbstmord begangen!

Fassungslos sank ich auf die Knie und selbst Chris konnte mich in dem Moment nicht mehr stützen.

Er sank ebenfalls hinter mir auf die Knie und auch seine Tränen konnte ich deutlich an meiner Schulter spüren, als er seinen Kopf auf meine Schulter gelegt hatte.

Wir waren in dem Moment beide mehr als überfordert und wussten nicht wirklich, wie wir mit der Situation umgehen sollten.

Chris hatte sich als erstes wieder gefangen und rief die Polizei an.

Kurze Zeit später waren sie auch schon da.

Ebenfalls die Spurensicherung und alles andere, was so kam.

Ich nahm nur am Rande mit, wie sie Julien von dem Strick nahmen, an dem er sich aufgehangen hatte.

Unter ihm prangte eine Blutpfütze und erst jetzt bemerkte ich, dass er sich wohl auch die Pulsadern aufgeschnitten haben musste.

Das Blut war schon leicht eingetrocknet und es war einfach eine grauenhafte Entdeckung.

Die Polizisten schoben uns sanft aus der Wohnung und wollten Zeugenaussagen.

Wir waren beide nicht wirklich in der Lage diese sofort zu geben, weshalb wir mitgenommen wurden.

 

 

Ich saß neben Chris hinten im Streifenwagen auf dem Weg zur Wache und ich hatte keine Ahnung wie ich dort hingekommen war.

Ob ich getragen wurde oder ob ich selbst gelaufen war, ich hatte keine Ahnung.

Chris streichelte mir immer wieder aufmunternd über den Arm, aber auch das war nur eine Randnotiz.

Denn immer wieder sah ich das Bild meines toten Besten Freundes vor meinen Augen und starrte geradeaus.

Ich konnte es immer noch nicht fassen.

Wie konnte er so etwas nur tun?

Vor allem stellte sich immer wieder eine Frage: Wieso?

Er hatte sein Koma überwunden und hatte es geschafft wieder ein normales Leben zu führen.

Hatte es sogar geschafft wieder einen Job zu finden, obwohl er durch die lange Zeit im Krankenhaus nicht arbeiten gehen konnte.

Er hatte eine Wohnung gefunden, in der er wieder eingezogen war.

Eigentlich hatte sein Leben wieder normale Bahnen gezogen und man konnte bei ihm von einem gutbürgerlichen Leben sprechen.

Sicher verdiente er keine Millionen, aber es reichte um ein gut durchschnittliches Leben zu führen und sich auch immer wieder zwischendurch etwas leisten zu können.

Was er auch immer wieder getan hatte.

 

 

Ein paar Tage bevor er das getan hatte, lag ich noch auf seiner Couch.

Er hatte mich massiert und mit mir Pläne geschmiedet.

Wir wollten gemeinsam in Urlaub fahren.

Julien wollte mich einladen.

Wollte weg von dem ganzen und sagte er hätte bald sogar Urlaub.

Da wollte er einen Flug buchen und wir wollten gemeinsam weg.

Einfach die Seele baumeln lassen und nicht an das was zu Hause war denken.

So hatte er noch gesagt.

Ich hate keine Ahnung wieso er das jetzt gemacht hatte.

Wieso schmiedete er denn noch Pläne, wenn er sie doch eh nicht mehr in die Tat umsetzen konnte?

Ich verstand die Welt nicht mehr.

Alles war plötzlich wie umgedreht.

Teilweise kam mir nichts mehr richtig vor und die Bullen, die uns jetzt noch zu einer Zeugenaussage drängten, sowieso nicht.

Wir verließen das Auto nachdem wir an der Wache angekommen waren und gingen in das Büro des einen Bullen.

Dort hinterließen wir unsere Aussagen.

Ich hatte sichtlich Probleme über das was ich gesehen hatte zu reden.

Es war ein Schock und ich war mir sicher, dass ich die Bilder wohl auch nie in meinem Leben vergessen würde.

Dennoch mussten wir diese Aussage machen.

Nachdem wir damit fertig waren ging ich direkt zu Chris.

Sie hatten uns getrennt, damit wir uns nicht absprechen konnten.

90% von dem, was der Bulle mir gesagt hatte, waren nicht angekommen.

 

 

Viel zu vertieft war ich in meine Gedanken und in das, was ich eben gesehen hatte.

Chris zog mich auch gleich in seine Arme und brachte mich zu seinem Auto.

Das hatte einer der Bullen nach Zustimmung von ihm ebenfalls zum Revier bringen lassen.

Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zu ihm in die Wohnung.

Nach Hause wollte ich nicht, dass hätte ich nicht geschafft.

Meiner Mutter dort erzählen, was passiert war, hätte auch keinen Sinn gehabt.

Sie würde es ohnehin nicht verstehen, denn sie kannte Julien nicht.

Vor allem wusste sie nichts von meinen Gefühlen zu ihm.

Bei Chris angekommen, setzten wir uns auch gleich gemeinsam auf seine Couch.

Er zog mich in seine Arme und hielt mich einfach nur fest.

Den ganzen Abend sagte keiner von uns etwas.

Wir wussten beide, dass Worte in der Situation mehr als überflüssig gewesen wären.

In dem Moment zählte nur noch, dass er für mich da war und ich so gut es ging für ihn.

Aber in dem Moment stellte ich auch mal wieder fest, das wahre Freundschaften nicht viele Worte brauchten.

Denn wirkliche Freunde, waren auch ohne großes Gerede füreinander da und standen einem in guten sowie in schlechten Zeiten bei.

Ebenso wie Chris und ich es in der Situation füreinander getan hatten.

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Thema: Kapitel 12

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