Kapitel 14

 

Anfang 2004

 

Ich hatte noch lange in dem Raum gestanden und mir jeden einzelnen Brief angesehen.

Jedes einzelne Foto genau unter die Lupe genommen und die Erinnerungen an die Ereignisse die darauf abgezeichnet waren Revue passieren lassen.

Es fiel mir schwer zu begreifen, dass das alles nun vorbei sein sollte.

Das ich ihn nicht mehr in den Arm nehmen konnte und keine Zeit mehr mit ihm verbringen konnte.

Ich hatte mit ihm gelacht und geweint, so viel Scheiße erlebt, aber auch positive Zeiten gehabt und das sollte nun alles vorbei sein.

Mit einem Kopfschütteln hatte ich mich wieder zurück ins hier und jetzt versetzt und zuckte zusammen, als Chris mich von hinten in den Arm nahm.

Er war nach mir schauen gekommen, weil ich längere Zeit schon nicht mehr zurück gekommen war.

Sanft hatte Chris mich dann aus dem Rau bugsiert und für mich diesen Raum leer gemacht.

Ich hatte keine Ahnung, wo er das alles hingebracht hatte, aber er sagte, er hätte es an einem guten Ort versteckt.

An diesen Gedanken hielt ich fest, denn wenn ich mir vorstellte, dass er das einfach in einen Müllsack gesteckt hatte, brach mir das das Herz.

Wir hatten beide sichtliche Probleme, die Wohnung leer zu räumen, aber wir wussten auch, dass wir den Druck des Vermieters hatten, dem das scheinbar egal war, dass ein Mensch gestorben war.

Sicher konnte ich es nachvollziehen, weil ihm das Geld fehlte und dennoch empfand ich es als unmenschlich, da nun mal ein Menschenleben an der Wohnung und den Sachen darin verloren gegangen ist.

Dennoch hatten wir es geschafft in der vom Vermieter vorgegebenen Zeit die Wohnung zu seiner vollen Zufriedenheit zu räumen.

 

 

Einige Zeit war nun ins Land gegangen, nach dem Tod meines besten Freundes und dennoch konnte ich nicht wirklich aus meiner Haut.

Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte und versuchte immer wieder das Beste draus zu machen.

Heute würde ich mit Chris zusammen einen weiteren Schritt machen.

Wir würden zusammen zu einem Schalke Spiel fahren.

Das war eigentlich etwas tolles, schließlich war und bin ich ja auch Schalkerin und dennoch würde das das erste Spiel sein, was ich im Stadion ohne Julien schauen musste.

Sonst hatten wir die Spiele immer zusammen gesehen und nun konnte ich das nicht mehr.

Es war ein riesiger Schritt und ich wusste nicht, ob ich dazu bereit war.

Aber ich wusste, dass ich auch diesen Schritt gehen musste und auch ein Stück weit wollte, also würde ich heute auch fahren.

Nachdem ich zwei Stunden im Bad verbracht hatte und ich fertig war und mit meinem Aussehen sogar einigermaßen zufrieden war, trat ich in mein Zimmer und suchte mir ein Trikot raus.

Natürlich nahm ich mir ein Torwarttrikot mit Manuel aus dem Schrank und zog das auch gleich über.

Meine Springerstiefel waren auch schnell geschnürt und nun saß ich komplett fertig auf meinem Sofa und wartete auf Chris.

Glücklicherweise musste meine Mutter heute arbeiten, sodass sie nicht sah, dass ich ein Trikot an hatte.

Meine Mutter war kein Fußballfan und konnte es auch nicht verstehen.

Sie sagte immer, dass ich schon zu alt sei für so was und das ich normal rum laufen sollte.

 

 

Kurze Zeit später klingelte auch schon mein Handy und ich bekam eine SMS von Chris.

Er schrieb mir, dass er in fünf Minuten an unserem vereinbarten Treffpunkt sei und ich machte mich dann auch gleich auf den Weg dahin.

Nur kurz nachdem ich angekommen war, kam auch Chris angefahren und ich stieg ein.

Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zur Veltins Arena.

Das Gefühl, was dabei in mir aufkam, verstärkte sich immer mehr, je näher wir kamen.

Es war eine Mischung aus Trauer und Freude.

Sicher freute ich mich die Jungs wieder in Aktion live zu erleben und das alles wieder an eigener Haut zu spüren, aber ich spürte auch immer noch die Trauer über meinen besten Freund.

Die Schuldgefühle waren immer noch da und ich war mir sicher, dass sie wohl auch niemals gehen würden.

Dafür redete ich mir auch immer und immer wieder zu sehr selber ein, dass ich Schuld an seinem Tod hatte.

Auf dem Weg zur Arena sagte keiner von uns beiden was.

Seit Julien´s Tod hatten wir alle untereinander ein angespanntes und eher ruhigeres Verhältnis zueinander.

Da war nichts mehr mit Herzlichkeit und liebevollem Umgang, wie ich es kannte.

Das Spiel verfolgten wir aufmerksam und gewannen sogar.

Wieder ein Sieg für die Schalker und auch ein Stück weit für Julien.

Denn dieser Sieg war für ihn, auch wenn keiner der Jungs dort unten auf dem Platz eine Ahnung hatte, wie wichtig jeder Sieg für mich persönlich war.

 

 

Nachdem das Spiel dann vorbei war und wir uns auf den Weg zurück zum Auto machten, lief ich mit jemandem zusammen.

Erst dachte ich, dass es ein anderer Fan sei, aber dann sah ich in die unverwechselbaren blauen Augen unseres Keepers und wusste, dass ich gerade Manuel Neuer persönlich umgelaufen hatte.

Er entschuldigte sich sofort bei mir und lud mich noch auf einen Drink ein, den ich nur zu gerne annahm.

Das ich Chris mit hatte schien uns beide nicht zu stören und wir machten uns gemeinsam auf den Weg in eine Fan Kneipe der Gelsenkirchener Ultras.

Wir verbrachten dort den ganzen Abend und ich konnte mich angeregt mit Manuel über das Spiel und viele anderer Dinge unterhalten.

Ich genoss es in vollen Zügen und war froh, ihn endlich persönlich getroffen zu haben.

Sein Angebot mir seine Handynummer zu geben, nahm ich auch dankend an und telefonierte mit ihm anschließend fast täglich.

Bei jedem Heimspiel war ich zu Gast und hatte mich danach noch mit ihm getroffen.

Es war eine mehr als schöne Zeit, die ich mit ihm verbracht hatte und ich genoss es wirklich sichtlich.

So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass wir uns daraufhin ineinander verliebten und auch bald zusammen kamen.

Er wusste von meiner Vergangenheit, dass hatte ich ihm in einem Gespräch erzählt und er hatte mir versprochen, mir zu helfen.

Als erstes würde ich einen Entzug machen um von den Drogen wegzukommen.

Und Manuel sollte und wollte mir dabei helfen.

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Thema: Kapitel 14

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