Ausgelöscht

 

Kapitel 1

 

Campino Pov

 

Ich saß am Rheinufer in meiner Stadt.

Schon seit ich denken konnte, liebte ich Düsseldorf und alles, was dazu gehörte.

Niemals hätte ich mir vorstellen können meine Zelte woanders aufzubauen.

Nicht mal für meine Ex war ich nach Berlin gegangen.

Nein, Düsseldorf war meine Heimat und ich liebte diese Stadt mit allem positiven und negativen was sie zu bieten hatte.

Wenn ich darüber nachdachte, über diese Stadt und meinen Blick über den Rhein schweifen ließ, dann wusste ich, wieso ich hier zu Hause war.

Die Sonne ging langsam unter und die goldgelben Sonnenstrahlen spiegelten sich auf der Wasseroberfläche.

Auf dieser verschwamm der etwas rötlich gewordene Himmel und gab ein ziemlich verzerrtes Bild zurück.

Der Rhein und die Stadt, das war alles, was mir geblieben war.

Alles andere wurde mir wie der Boden unter meinen Füßen weggerissen.

Ich hatte mich von meiner Freundin getrennt und dadurch das Sorgerecht für meinen Sohn verloren.

Sogar das Umgangsbestimmungsrecht hatte sie mit wegnehmen lassen.

So konnte ich ihn nicht mal alle vierzehn Tage sehen oder mal zwischendurch in der Woche.

Klar wohnte sie mit dem Kleinen jetzt in Berlin und da war ich auch mal nicht innerhalb von fünf Minuten aber für den Kleinen würde ich auch da noch hinfahren.

Das war ja eigentlich schon schlimm genug und würde jedem Familienvater das Herz brechen und das hatte es auch mir.

 

 

Aber das war ja auch noch nicht alles, was mein Leben beherrschte.

Es kam ja doch noch schlimmer.

Ich hatte mich durch die Trennung von meiner Freundin und von meinem Sohn in die Musik verloren.

Nicht wie andere in Drogen oder Alkohol versunken, sondern hatte mein Herz der Musik verschrieben.

Ich schlief kaum noch, schlug mir jede freie Minute meines Lebens im Proberaum mit den Jungs oder zu Hause in meinem Schreibzimmer um die Ohren.

Ja, ich hatte mir ein eigenes Zimmer eingerichtet, wo ich meine Lieder schrieb.

Da verbrachte ich meistens die Nächte und die Tage dann mit den Jungs im Proberaum.

Ich sah immer schlechter aus, was auch den Jungs nicht verborgen geblieben war, denn diese machten sich langsam wirklich Sorgen und sprachen sogar davon die Band aufzulösen.

Aber das würde ich nicht schaffen.

Damit würden sie mir auch noch den letzten Halt in meinem Leben nehmen und das würde ich nicht verkraften.

Ich hatte doch außer der Musik nichts mehr und dafür und einzig und alleine dafür lebte ich doch jetzt.

Aber dann kam der Tag an dem Kuddel mit der Faust auf den Tisch geschlagen hatte und das nicht nur sinnbildlich.

Wir saßen im Proberaum und ich war wirklich kurz davor einzuschlafen.

Ich hatte mir mal wieder die Nacht um die Ohren geschlagen und im Schreibzimmer an neuen Liedern gearbeitet.

 

 

Diese kamen auch bei den Jungs gut an und ich war wirklich erleichtert, dass ich trotz der vielen Jahre die es uns als Die Toten Hosen nun schon gab immer noch aktiv etwas beisteuern konnte.

Aber dann rastete Kuddel irgendwann komplett aus, schlug mit der Faust auf den Tisch und sprang so schnell auf, dass der Stuhl hinter ihm scheppernd zu Boden fiel.

,,Ich habe die Schnauze voll!!!!“, hat er gebrüllt und ich hatte keine Ahnung, wieso.

Er schrie noch mehr durch den Raum, woran ich mich jetzt kaum noch erinnern konnte und vor allem wollte.

Irgendwann hatte er dann das Ende der Band verkündet oder zumindest das er aussteige.

Ein Gründungsmitglied wollte gehen.

Kuddel war ein Urgestein und gehörte einfach in diese Band.

Er wurde von den Fans geliebt, wie jeder andere aus dieser Gruppe.

Ihn könnten wir nicht ersetzen.

Vielleicht würden wir irgendwo einen finden, der genauso gut war wie er, vielleicht sogar jemanden, der noch besser war, aber das würde nicht Kuddel sein.

Breiti und Andi hatten sich dann angeschlossen und wollten auch nicht weiter machen, wenn Kuddel nicht weiter machen würde.

Blieben nur noch Vom und ich und wir alleine würden keine Band mehr sein.

Also lösten wir die Band auf.

Erst nur inoffiziell, denn es sollte noch nichts nach draußen dringen, bevor intern nicht alles geregelt war.

Aber heute dann stand ein großer Artikel darüber in der Zeitung.

Nun konnte jeder lesen, dass es Die Toten Hosen nicht mehr gab.

 

 

Es wurden sogar extra Telefonleitungen eingerichtet, damit Menschen sich da melden konnten, die einen Therapeuten brauchten und ich war sicher, dass die Telefone bald heiß laufen würden, wenn sie das nicht schon lange taten.

Ein Mythos war beendet, ausgelöscht, für immer von der Bildfläche verschwunden und das wofür?

Alles was wir jemals erreicht hatten, war umsonst, wenn wir uns nicht mal in Würde von den Fans verabschiedeten.

Waren wir ihnen das nicht schuldig?

Vielleicht ein letztes Konzert oder eine letzte Tournee?!

Nichts von dem sollte es geben, denn Die Toten Hosen waren nun Geschichte.

Ich saß mit meinem kleinen schwarzen Notizbuch im saftigen Rasen neben dem Rheinufer, die Sonne war mittlerweile untergegangen und es wurde langsam frisch.

Nicht kalt, es war eher eine angenehme Kühle, die mich nun umgab.

Aus meiner Hosentasche zog ich ein Feuerzeug, entfachte dieses und hielt es an das kleine schwarze Notizbuch.

Sofort fing es Feuer und begann zu brennen.

Ich legte es vorsichtig in das Gras und sah dabei zu, wie meine letzten Ideen verbrannten.

Diese würde ich nun nicht mehr brauchen und sie sollte auch sonst keiner mehr sehen.

Nachdem nur noch ein Häufchen Asche vor mir lag stand ich auf und trat einmal dagegen.

Die Asche flog durch die Luft und verteilte sich auf dem Rasen um mich herum.

Entschlossen machte ich ein paar Schritte Richtung Rhein, jetzt war meine Zeit gekommen.

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Thema: Ausgelöscht

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