Post 8 (Campino)

 

Ich hatte wirklich keine Ahnung, wieso sich der Jüngere jetzt so fertig machte.

Eigentlich war doch alles okay.

Sicher, er hatte jetzt einen schwachen Moment, aber das war doch nicht so schlimm.

Was sollte das denn auch?

Diese Momente hatte doch schließlich jeder von uns mal.

Ich denke jeder kannte diese Momente, in denen er am liebsten alles hingeschmissen hätte.

Oder in denen man einfach scheiß Angst vor etwas hatte.

Die einen gaben es zu, die anderen eben nicht, aber das war dennoch noch lange kein Beinbruch.

Eher im Gegenteil.

Es zeugte von Mut, sich seiner Ängste zu stellen und diese zu benennen.

Nein, natürlich bereue ich es nicht“

Kam die mehr gemurmelte Antwort von Kevin, während er aufmerksam mit meinen Fingern spielte.

,,Siehst du. Genau das habe ich auch erwartet. Sicher war nicht alles Gold was glänzte und dennoch war es doch schön, oder? Das singst du doch selber in deinen Texten.“

Wusste ich doch, dass ich ihn so vielleicht eher noch beruhigen konnte, als sonst irgendwie.

Mit meiner nächsten Ausrede ließ ich mich zu einer erneuten Beleidigung herab, aber ich dachte einfach, dass ich ihn vielleicht so besser erreichen konnte.

Wusste ich doch, dass Kevin auf so was ansprang.

Beleidige mich doch nicht. Keine Ahnung, vielleicht werde ich die ja wirklich...vielleicht aber auch nicht. Ich dachte halt...weil...weil es doch alle tun“

Mir entging bei seiner Aussage nicht, dass er verletzt war.

Das war nicht meine Absicht.

 

 

Auch das er rot wurde, entging mir nicht, aber ich entschied mich das so stehen zu lassen.

Ich wollte ihn nicht noch mehr quälen oder ihn noch mehr in Verlegenheit bringen.

,,Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzten, aber ich dachte so erreiche ich dich vielleicht besser. Das ist auch nicht wirklich besser. Ich bin sicher, dass du die wirst. Okay, wenn du der Meinung bist, dass du das tun musst, was alle tun, dann habe ich auch nichts dagegen, wenn du mich Campi nennst. Ich nenne dich ja auch Kev.“

Er hatte meine Hand losgelassen und spielte nun mit seiner Hand.

Ich wollte ihn doch nicht noch mehr verletzen.

Eher im Gegenteil, denn ich wollte ihn doch eigentlich aufbauen.

Und dann kam er mir auch noch mit der Aussage, dass ich süß sei.

Das war doch wirklich mehr als unfassbar.

Doch du bist süß. Umso besser das du noch nicht tot bist...was würde ich denn ohne dich tun. Ich...ich höre es halt gerne...also...also was ich dir bedeute....mir fehlen irgendwie die Personen die mir das sagen....“

Auch das konnte ich nachvollziehen.

Ich wusste, dass Kevin es sicher nicht immer einfach gehabt hatte.

Aber andererseits hatte das wohl keiner von uns.

,,Ich bin sicher nicht süß und jetzt Ende der Diskussion. Ich bin sicher, dass du auch noch andere Punks findest, die du ärgern könntest. Aber sicher, ich verstehe das natürlich und es ist für mich ja auch weniger ein Problem dir zu sagen, dass du mir nicht egal bist, als scheinbar für dich.“

 

 

War mir doch bewusst, dass Kevin niemand war, der einfach mal so mit seinen Gefühlen um sich schmiss.

Aber auch das war keineswegs böse gemeint.

Ich war mir aber auch sicher, dass der langhaarige mich da verstehen würde.

Es...es ist einfach schön das zu hören...vor allem...wenn...wenn es von dir kommt...“

Mit der Aussage hatte er mich ehrlich verwirrt.

Was hatte ich denn nun damit zu tun?

,,Wieso wenn es von mir kommt?“

Verwirrt blickte ich den Frontmann an und hatte doch keine Ahnung, was er mir damit jetzt schon wieder sagen wollte.

Stand ich mir heute einfach so auf dem Schlauch oder redete der Onkel einfach so viele zusammenhanglose Dinge?

Nachdem Kevin mich nach dem Kuss weggeschoben hatte, bekam ich auf meine Fragen keine Antworten mehr und stand stattdessen wie bestellt und nicht abgeholt vor der Bühne rum.

Aber die Proben sah ich mir dennoch an, auch wenn ich die meiste Zeit wohl mehr in Gedanken versunken war, als das ich wirklich zuhörte.

Den Triumphierenden Blick von Kevin nach seiner Probe hatte ich ebenfalls nicht übersehen und dennoch würde der wohl nicht mehr lange bleiben, wenn ich mit meiner Vermutung richtig lag.

Ich konnte es mir auch nicht nehmen lassen, ihn gleich drauf anzusprechen, nachdem er so arrogant rüber kam.

Das war eigentlich überhaupt nicht Kev´s Art und ich hatte keine Ahnung, wieso er das jetzt an den Tag legte, aber scheinbar hatte er es heute ohnehin auf Provokation abgesehen.

Also okay, dann eben direkt.

 

 

Das...das ist doch Blödsinn!!“

Ja, und das war wohl mehr ein halbherziger Versuch, es zu leugnen.

Ich glaubte ihm kein Wort, ließ ihm aber mal in dem Glauben, war vielleicht bei seiner Laune heute auch das Beste.

,,Dann muss ich mich wohl vertan haben.“

Schulterzuckend blickte ich ihn an wie er sich gegen die Stange lehnte.

Schon hagelte es den nächsten Konter, aber das war ich mittlerweile ja auch schon gewöhnt.

Das hat nichts mit Arroganz zu tun. Ich weiß eben einfach was ich kann“

Auch das war mehr als arrogant und ich hatte wirklich keine Ahnung, was mit ihm los war.

Ich kannte Kevin ja jetzt nun doch auch schon einige Jahre, aber so hatte ich ihn auch noch nie erlebt.

,,Auch das war mehr als arrogant. Scheiße, wo hast du das nur her?“

Und diese Frage stellte ich mir wirklich, denn ich hatte Kevin bis jetzt immer als einen der Menschen erlebt, der genau das verabscheute und teilweise sogar verurteilte und das in meinen Augen ja auch völlig zu Recht und nun stand er da lässig gegen die Stange gelehnt und meinte diese Schiene zu fahren.

Gut, wenn er meint, dass es ihn glücklich macht.

Jedoch hatte der nächste Konter mehr als gesessen und ich war mir sicher, dass ich das nicht mehr länger brauchte.

Sicher konnte ich einiges einstecken, aber das war dann doch zu viel und ich ließ den Jüngeren dort stehen.

 

 

Ich war niemand, der sich schnell angepisst fühlte, aber das war nun wirklich einen Schritt zu weit gegangen und dann war es vielleicht auch einfach besser, dass Feld zu räumen.

Denn ich hatte ja gesagt, dass der Klügere nachgibt.

Dann war ich das wohl auch in unserem Fall und ging eben einfach.

Mit schnellen Schritten und hängenden Schultern, blickte ich nicht auf, bis zu unserem Tourbus.

Die fragenden Blicke meiner Bandkollegen ignorierend ging ich direkt in den Mannschaftsbus und ließ mich dort schwer auf einen der Bänke an einen Tisch fallen.

Sofort schnappte ich mir die Packung Marlboro die auf dem Tisch lag und machte mir eine Zigarette an.

Ich zog auch sogleich daran und inhaliere den Qualm tief.

Meine Gedanken drifteten wieder ab und ich musste an die Worte von Kevin denken.

Ja, ich musste schon wirklich mehr als schlimm sein, wenn er so reagierte.

Aber wieso hatte er mich dann angesprochen, wenn er doch meine Zeit nicht mit mir vergeuden will?

Völlig in Gedanken versunken, spielte ich mit der Packung in meiner Hand und wurde erst wieder aufmerksam, als sie mir aus der Hand genommen wurde.

Ich sah auf und wollte gerade etwas sagen, als ich inne hielt und in die blau - grauen Augen des Onkelz Frontmanns blickte.

Fragend blickte ich ihn an, denn ich war mir sicher, dass ich keine Worte brauchte, wenn er mir scheinbar nachgelaufen kam.

Es...es tut mir Leid, das wollte ich nicht...ich...ich hab überreagiert. Ich bin einfach...einfach so...so scheiß durcheinander. Campi...bitte...bitte...ich...ich brauch dich doch.“

 

 

Mit hochgezogener Augenbraue blickte ich den Jüngeren an und konnte noch nicht so recht glauben, was er da gerade gesagt hatte.

,,Du entschuldigst dich ernsthaft bei mir? Ausgerechnet bei mir? Wo du doch deine Zeit nicht mehr mit mir verschwenden wolltest?! Du hast überreagiert? Wieso denn? Ist doch alles gut. Das lasse ich mir doch gerne von dir an den Kopf knallen. Ist es mein Problem, wenn du durcheinander bist? Dann lass deine Verwirrungen die du warum auch immer hast gefälligst nicht an mir aus, denn ich kann ja wohl nichts dafür! Du brauchst mich? Ich bin für dich doch auch nur ein Klotz am Bein!“

Meine Stimme hatte sich gehoben.

Ich wusste, dass auch ich in dem Moment überreagierte, aber es tat einfach weh, so was von ihm zu hören vor allem, nach diesem kleinen Ausflug in das Innere seiner Gefühle.

Dennoch konnte ich die Tränen in seinen Augen deutlich erkennen und wusste, dass ich irgendwie runter kommen musste.

Das ich so nicht weitermachen wollte, denn ich wollte mich nicht auf sein Niveau begeben und ihn auch noch zusätzlich verletzen.

Bitte...bitte verzeih mir Campino...ich wollte das nicht“

Ich zog aus meiner Hosentasche eine Schachtel und fand darin, was ich mir erhofft hatte.

Sofort zog ich den Joint hinaus und zündete ihn auch gleich an.

Wenn ich mich eben so nicht mehr beruhigen konnte, dann musste es eben mit Hilfsmittel gehen.

,,Ja, das sagtest du bereits und dennoch hast du es getan.“

 

 

Ich zog erneut an dem Joint und spürte, dass ich etwas entspannter wurde.

Dennoch blickte ich Kevin immer noch auffordernd an.

Wollte ich doch nun auch die ganze Wahrheit wissen und wenn er sie nicht freiwillig erzählen würde, dann würde ich sie sicher auch noch von ihm erfahren.

Natürlich hattest du Recht, ich...ich hab mich bei dem Text vertan..aber...aber doch nur...weil...weil ich mich verliebt hab verdammt....“

Sieh mal einer an.

Er kann also doch noch zugeben, dass er Fehler gemacht hat.

Warum denn nicht gleich so?

,,Schön, dass du wenigstens zugibst, dass ich recht hatte. Ich bin vielleicht älter als du, aber meine Ohren funktionieren noch ganz gut. Ich weiß, was ich gehört habe. Und du meinst jetzt, dass du direkt das Recht hast, mich anzulügen, nur weil du dich verliebt hast? Was habe ich mit deinen Frauen oder meinetwegen Kerlen zu tun in die du dich dann auch noch verliebst?!“

Was sollte das denn?

Er konnte doch nicht einfach mich dafür verantwortlich machen, dass er sich verliebt hatte und deswegen so verwirrt war.

Das musste ich mir doch wirklich nicht bieten lassen.

In dich...ich...ich hab mich in dich verliebt...verstehst du Campino...ich liebe dich verdammt!!“

Nach der Aussage blickte ich ihn schockiert an.

Das konnte doch wohl bitte nicht sein Ernst sein!

Was sollte das denn jetzt?

,,In mich?“

Immer noch schockiert blickte ich ihn an.

Dann hatte ich mich aber auch schnell wieder gefangen.

 

 

,,Hör zu Russell, wenn das wieder einer deiner dummen Scherze ist und du mich gleich dann wieder wegschiebst, dann habe ich dich die längste Zeit gekannt, ist das klar? Ich habe auf deine dummen Spielchen keinen Bock mehr! Dafür bin ich mir ernsthaft zu schade! Ich hoffe wir haben uns da verstanden!“

Sicher war mir nicht entgangen, dass er lauter wurde, als er mir das gesagt hatte.

Er schien verzweifelt und ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, dass er das nicht ernst meinte.

Aber nach seiner Aktion eben, war ich mir da einfach nicht mehr so sicher.

Vielleicht wollte er mich ja auch genau da haben, wo er mich mit diesem Geständnis hatte.

Um mich dann bloßzustellen oder sonst etwas.

Das würde ich Kevin ebenfalls zutrauen.

Dann allerdings fiel mein Blick auf seine immer noch blutende Hand.

Sofort war ich aufgestanden und hatte mich neben ihn gestellt und seine Hand in meine genommen.

,,Lass mich mal schauen. Was hast du da gemacht? Warum blutest du? Das muss behandelt werden.“

Sofort ließ ich seine Hand wieder los und machte mich auf die Suche nach einem Verbandskasten in unserem Tourbus.

Wusste ich doch, dass wir so was auch hier irgendwo rum fliegen hatten.

Konnte ich doch nicht zulassen, dass Kevin mir hier verblutete.

Als ich dann einen Verbandskasten gefunden hatte, eilte ich gleich wieder zu ihm.

,,Lass mich schauen, nicht, dass du noch verblutest.“

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